So rechnen Sie Ihre Tätigkeit im Insolvenzeröffnungsverfahren ab

Das Insolvenzeröffnungsverfahren unterscheidet sich auch gebührenrechtlich vom eröffneten Insolvenzverfahren. Auf was es für Ihre optimale Abrechnung im Eröffnungsverfahren ankommt, erfahren Sie im folgenden Fachbeitrag.

Überblick über die Gebührentatbestände im Insolvenzeröffnungsverfahren

Das Insolvenzeröffnungsverfahren nach den §§ 11 ff. InsO beginnt mit der Antragstellung. Es endet mit der Rücknahme des Antrags (§ 13 Abs. 2 InsO) bzw. der Entgegennahme einer gerichtlichen Entscheidung, mit welcher der Antrag als unzulässig oder unbegründet oder mangels Masse abgewiesen (§ 26 InsO) bzw. das Verfahren eröffnet wird (§ 27 InsO).

Letztere gehört verfahrensrechtlich zum Eröffnungsverfahren.[1])

Gebührentatbestände: Die Vergütung des Rechtsanwalts für seine Tätigkeit im Insolvenzeröffnungsverfahren ist in Teil 3 Abschnitt 3 Unterabschnitt 5 VV RVG, und zwar in den Nr. 3313–3316 VV RVG, geregelt.

Hierbei betreffen die Nr. 3313, 3314 VV RVG die Vertretung von Schuldner bzw. Gläubiger im Insolvenzeröffnungsverfahren, während die Nr. 3315, 3316 VV RVG die Vergütung des Rechtsanwalts für seine Tätigkeit im Verfahren über den Schuldenbereinigungsplan regeln.

Die Nr. 3313–3316 VV RVG finden unabhängig davon Anwendung, ob der Rechtsanwalt einen Auftrag zur Vertretung im gesamten Insolvenzverfahren hat oder sich seine Tätigkeit auf das Eröffnungsverfahren beschränkt.

Auch wenn der Rechtsanwalt innerhalb des Eröffnungsverfahrens mit Einzeltätigkeiten betraut wird (z.B. mit der Vertretung in dem Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach §§ 20, 98 Abs. 1 InsO), gelten die Nr. 3313–3316 VV RVG uneingeschränkt, da die Vorschriften entsprechende Ermäßigungen nicht vorsehen.

Soweit der Rechtsanwalt auftragsgemäß bereits vorgerichtlich tätig war, ist Nr. 2300 VV RVG anwendbar. Zu beachten ist, dass die Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3313 VV RVG zur Hälfte, höchstens jedoch mit einem Gebührensatz von 0,75, anzurechnen ist (Vorbem. 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG).

Anrechnung: Den Anrechnungsmodus regelt § 15a Abs. 1 RVG. Danach kann der Rechtsanwalt sowohl die Geschäfts- als auch die Verfahrensgebühr fordern, auch wenn das Gesetz eine Anrechnung der Gebühren vorsieht. Die Obergrenze bildet der um den Anrechnungsbetrag verminderte Gesamtbetrag der beiden Gebühren. Dem Anwalt steht hierbei ein Wahlrecht zu. Er kann aus diesem Grunde frei entscheiden, welche der beiden Gebühren er in voller Höhe geltend macht.[2])

Praxistipp: Es kann sich empfehlen, die zuerst entstandene Gebühr ungekürzt, die später erwachsene sodann um die Anrechnungsgebühr gekürzt in Rechnung zu stellen.[3])

Hinweis: Durch das 2. KostRMoG wurde Vorbem. 3 Abs. 1 VV RVG neu gefasst. Hiernach verdient der Anwalt die Gebühren nach Teil 3 VV RVG, sofern er bereits einen unbedingten Auftrag als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter erhalten hat. Für die Anwendung der Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG ist in diesem Fall kein Raum mehr.

Berät der Anwalt den Schuldner hinsichtlich der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, entsteht eine Beratungsgebühr (§ 34 RVG).

Im Falle einer außergerichtlichen Einigung ohne Anhängigkeit eines Insolvenzverfahrens verdient der Rechtsanwalt eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG.

Erhält der Anwalt den Auftrag, einen Eröffnungsantrag zu stellen, fordert aber den Schuldner in Ausführung dieses Auftrags zunächst einmal zur Zahlung auf unter Androhung der Antragstellung, gehört diese Tätigkeit gebührenrechtlich bereits zum Insolvenzeröffnungsverfahren.[4])

Die Nr. 3313–3316 VV RVG regeln die Vergütung des Rechtsanwalts unterschiedlich hoch, je nachdem, ob dieser den Schuldner oder einen Gläubiger vertritt.

Gebührentatbestände bei Selbstvertretung im Insolvenzeröffnungsverfahren

Ob der Rechtsanwalt, der sich in dem Insolvenzverfahren selbst vertritt, die gleichen Kosten wie ein bevollmächtigter Rechtsanwalt geltend machen kann, ist strittig.

Richtiger Auffassung nach ist Unterabschnitt 5 auch in Fällen anwendbar, in denen sich der Rechtsanwalt selbst vertritt. Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass nach § 4 InsO die Vorschriften der ZPO entsprechende Anwendung finden, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Damit gilt mangels anderweitiger Bestimmungen in der InsO auch § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO.[5])

Ausländischer Insolvenzverwalter: Für die Vertretung des ausländischen Insolvenzverwalters im Sekundärinsolvenzverfahren entstehen nach Vorbem. 3.3.5 Abs. 3 VV RVG die gleichen Gebühren wie für die Vertretung des Schuldners.[6]) Es sind mithin die Nr. 3313, 3315, 3317–3319 und 3321 VV RVG anwendbar, ebenso § 28 RVG.[7])

Verfahren nach der SVertO: Auch für die Vertretung im Verteilungsverfahren nach der SVertO (siehe Teil 10/1.1) verdient der Anwalt die Gebühren nach Teil 3 Abschnitt 3 Unterabschnitt 5 VV RVG, soweit dies ausdrücklich angeordnet ist (Vorbem. 3.3.5 Abs. 1 VV RVG).

Übergangsvorschrift: Das RVG ist im Übrigen anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG nach dem 30.06.2004 erteilt wurde (§ 61 Abs. 1 RVG). Für die Fälle davor bleibt es bei der Anwendung der BRAGO.[8])

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  • Überblick über die Gebührentatbestände
  • Vertretung des Schuldners (Gebührentatbestand, Gegenstandswert, Schätzung der Insolvenzmasse etc.)
  • Vertretung des Gläubigers
  • Vertretung mehrerer Gläubiger
  • Vertretung des Insolvenzverwalters
  • Tätigkeiten außerhalb des Eröffnungsverfahrens
  • Fallbeispiele
  • Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren
  • Mehrere Aufträge/ Auftraggeber
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[1])    Bräuer, in: Bischof/Jungbauer, RVG, 6. Aufl. 2014, Nr. 3313 VV RVG Rdnr. 2.

[2])    N. Schneider, AGS 2009, 361 f.

[3])    Hergenröder, in: Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, 16. Aufl. 2014, § 15a RVG Rdnr. 13.

[4])    AnwK-RVG/Wolf/Mock, 7. Aufl. 2014, Nr. 3313–3316 VV RVG Rdnr. 3.

[5])    So zutreffend AnwK-RVG/Wolf/Mock, 7. Aufl. 2014, Vorbem. 3.3.5 VV RVG Rdnr. 4 m. Nachw. zum Streitstand.

[6])    Hergenröder, in: Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, 16. Aufl. 2014, Vorbem. 3.3.5 VV RVG Rdnr. 5.

[7])    AnwK-RVG/Wolf/Mock, 7. Aufl. 2014, Vorbem. 3.3.5 VV RVG Rdnr. 15.

[8])    Vgl. im Einzelnen Houben, in: Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, 16. Aufl. 2014, § 61 RVG Rdnr. 2 ff.

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