Einen spannenden Fall hat das OLG Stuttgart entschieden – bei dem vor allem Familienrechtler hellhörig werden. Denn die Verjährung von Rechtsanwaltsgebühren ist im Scheidungsverbund gehemmt, bis das Verbundverfahren endgültig abgeschlossen ist.
Kurzbesprechung zu OLG Stuttgart v. 28.03.2018 – 8 WF 57/18
Der Sachverhalt: In dem am 26.04.2006 beim Amtsgericht Esslingen eingeleiteten Scheidungsverfahren haben die Beteiligten am 17.11.2011 einen Vergleich über den Zugewinnausgleich geschlossen.
Mit Beschluss vom gleichen Tag hat das Amtsgericht die Folgesache nachehelicher Unterhalt aus dem Scheidungsverbund abgetrennt, die Scheidung ausgesprochen, über den Versorgungsausgleich entschieden und die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben.
Am 26.03.2013 haben sich die Parteien auch über den nachehelichen Unterhalt verglichen.
Vertreterin der Staatskasse erhebt Einrede der Verjährung
Bei der Vergütung erlebt die Verfahrenbevollmächtigte dann eine unliebsame Überraschung: Die Staatskasse erhebt nach der Antragstellung am 13.08.2015 die Einrede der Verjährung – und gesteht nur eine Vergütung aus dem Verfahren zum nachehelichen Unterhalt zu.
Übrig bleibt damit eine Einigungsgebühr aus einem Gegenstandswert von 9.600 Euro.
Zur Begründung führt die Vertreterin der Staatskasse aus, die verjährten Gebühren seien gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 RVG mit Beendigung des Rechtszugs, also mit der Entscheidung vom 17.11.2011 fällig geworden, die dreijährige Verjährungsfrist sei daher mit dem 31.12.2014 abgelaufen.
Beschwerde der Anwältin vor dem OLG erfolgreich
Gegen diese Entscheidung legt die Anwältin Beschwerde ein und hat damit Erfolg.
Die von der Staatskasse erhobene Verjährungseinrede greift aus folgenden Gründen nicht durch.
- Durch die Abtrennung der Folgesache nachehelicher Unterhalt mit Beschluss des Amtsgerichts vom 17.11.2011 erfolgte keine Lösung aus dem Verbund, die abgetrennte Sache blieb Folgesache (§ 137 Abs. 5 Satz 1 FamFG ), so dass § 16 Nr. 4 RVG weiter gilt und das ganze Verfahren als eine Angelegenheit nur einheitlich abgerechnet werden kann.
- Zutreffend geht das Amtsgericht zunächst davon aus, dass die Abtrennung Teilfälligkeiten der Gebühren gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 RVG zur Folge hat: Die Gebühren, die auf bereits entschiedene bzw. durch Vergleich beendete Gegenstände entfallen, wurden mit Ausspruch der Scheidung und Entscheidung über den Versorgungsausgleich am 17.11.2011 fällig, da hinsichtlich dieser Gegenstände der Rechtszug beendet wurde.
- Hinsichtlich der Gebühren, die sich auf die abgetrennte Folgesache nachehelicher Unterhalt beziehen, trat die Fälligkeit hingegen erst mit der Beendigung des gesamten Verfahrens durch den Vergleich vom 26.03.2013 ein.
- Das Amtsgericht übersieht aber, dass nach § 8 Abs. 2 RVG die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB für die bereits am 17.11.2011 fällig gewordenen Gebühren bis zum endgültigen Abschluss des als eine Angelegenheit zu behandelnden Verbundverfahrens am 26.03.2013 gehemmt und daher bis zur Antragstellung am 13.08.2015 noch nicht abgelaufen war.
Das Ergebnis: Unter Berücksichtigung der erfolgten Festsetzung über 287,98 € ist noch ein weiterer Betrag in Höhe von 1.364,34 € aus der Staatskasse zu vergüten.
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