Nach RVG abgerechnet: 55.000 Euro für 10 Stunden Arbeit!

Da soll noch mal einer sagen, die gesetzlichen Gebühren nach RVG würden zu wenig einbringen! Einer Ihrer Kollegen hat gerade so was wie den Hauptgewinn gezogen – und für die Prüfung eines Geschäftsführervertrags rund 55.000 Euro Gebühr berechnet. Haken an der Sache: Der Mandant will nicht zahlen. Jetzt entscheidet das Landgericht München.

Landgericht München I – Az. 30 O 5751/14

Anwalt und Mandant vereinbarten zuvor, dass entweder 290 Euro pro Stunde anfallen sollten – oder die gesetzliche Gebühr, falls diese höher sei. Dass die gesetzliche Gebühr in diesem Fall tatsächlich um ein Vielfaches höher war, damit hatte der Mandant ganz offensichtlich nicht gerechnet.

Dazu muss man wissen, dass der Mandant zum Geschäftsführer eines internationalen Ingenieursunternehmens berufen worden war – mit einem Jahresverdienst von 500.000 Euro und einem Maserati Ghibli als Firmenwagen.

 

Den Anwalt hatte er gebeten, den Geschäftsführervertrag zu prüfen. Dieser berechnete letztendlich für seine Tätigkeit 55.846,22 Euro, errechnet aus

  • der 2,5fachen Geschäftsgebühr, die der Anwalt wegen der angeblichen Komplexität von 1,3 ansetzte,
  • und einer 1,5 Einigungsgebühr, weil er einige vertragliche Passagen änderte und der Arbeitgeber damit einverstanden war.

Das Gericht will nun ein Gutachten der Anwaltskammer einholen und damit die Frage klären, ob die Gebühr von ca. 55.000 Euro für wenige Stunden Arbeit noch angemessen ist.

Der neue Anwalt des zahlungsunwilligen Mandanten erklärte, dass die Vereinbarung eines Stundenhonorars der Form nach im Vordergrund gestanden habe, obwohl mit Blick auf das Einkommens seines Mandanten völlig klar gewesen sei, dass es auf die gesetzliche Gebühr hinausläuft.

Angezweifelt wird von der Gegenseite auch die hohe Komplexität der Bearbeitung des Geschäftsführervertrags sowie die Anwendbarkeit einer Einigungsgebühr, da sich der Mandant und dessen Arbeitgeber im Wesentlichen ohnehin bereits einig gewesen seien.

Ungereimtheiten beim Streitwert?

Lto.de berichtete über diesen Fall am 31.10.2014. Wir in der RVG-News-Redaktion haben uns die Gebührenberechnung mal genauer angeschaut, denn irgendwie kam uns das Honorar von 55.000 Euro dann doch ein wenig zu hoch vor.

Und siehe da: Selbst wenn man einen Streitwert von 1.950.000 Euro voraussetzt (3x Jahresgehalt plus 3×150.000 für den Maserati – wobei wir den Sportwagen tatsächlich nicht teurer als 111t € konfiguriert bekommen), liegt man mit den Gebühren deutlich unter den 55.000 Euro. Wir errechneten ca. 37.000 Euro Gebühr.

Das können wir uns momentan nur so erklären, dass nicht alle Fakten des Verfahrens bekannt sind. Was meinen Sie? Nutzen Sie unsere Kommentarfunktion!

Quelle: Lto.de vom 31.10.2014

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14 Kommentare zu “Nach RVG abgerechnet: 55.000 Euro für 10 Stunden Arbeit!

  1. Liebe Redaktion,

    das kann in der Tat nicht mit rechten Dingen zugehen :-).

    Hier könnte man vermuten, dass der Anwalt neben der Geschäftsgebühr und der Einigungsgebühr noch eine Terminsgebühr in Ansatz gebracht hat – die ja definitiv außergerichtlich nur für Besprechungen zwecks Erledigung oder Vermeidung eines Prozesses entstehen kann – was wiederum einen laufenden oder drohenden Rechtsstreit, also Prozessauftrag voraussetzt. Und das scheint ja zumindest nach diesem nur ansatzweise vorhandenen Sachverhalt nicht der Fall gewesen zu sein.

    Aber selbst in Zusammenschau mit einer (fehlerhaften) Terminsgebühr werden die 55.000,00 EUR immer noch nicht erreicht.

    Solche Honorierungen? Ein Traum für jeden Anwalt, oder?

    Ich bin auf die Entscheidung, aber vor allen Dingen auch auf den vollständigen Sachverhalt gespannt!

  2. Das wundert mich nicht. bin selbst betroffener. War wegen einer Beratung beim Anwalt bezüglich eines Aufhebungsvertrages mit Abfindung. Die Beratungsvollmacht entpuppte sich als Vollmacht um weiter tätig zu werden. Anwalt hat mich nicht über die Kosten aufgeklärt. Obwohl in einem derartigen Fall drei Monatsgehälter zu Grunde gelegt werden, hat er die Abfindungssumme genommen. 1,3 Geschäftsgebühr plus Terminsgebühr macht mal eben mehrere Tausend Euro. Es gibt einige sehr unseriöse Vertreter in diesem Berufszweig. Das ist leider so.

  3. Oh!
    Es gibt sie also doch noch, die mittelalterlichen Alchimisten, …die es ja angeblich auch verstanden, aus Schei… Gold zu machen…!

  4. Herrn Wagner kann man nur empfehlen, zuviel gezahltes Honorar zurückzufordern, notfalls Kammeranzeige oder Strafanzeige wegen Gebührenüberhöhung. Der Streitwert einer Kündigung ist gesetzlich festgelegt in § 42 GKG : „Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet.“

    Der Kollege mit der Monsterrechnung wird nicht mehr als 2.900 € erhalten (10 Std. x 290 €), denn gem. § 34 RVG gibt es ja bei Beratung nur noch die Gebührenvereinbarung oder das BGB-Honorar, welches bei einem Verbraucher nicht 250 € übersteigen darf.

  5. Es ist selbstverständlich keine Einigungsgebühr angefallen. Denn es war kein Rechtsverhältnis streitig, sondern das Rechtsverhältnis (Vertragsverhältnis) sollte erst begründet werden.

  6. Mag ja tatsächlich zu viel abgerechnet worden sein. Aber wenn ein Anwalt – namentlich in PKH-Verfahren – für stundenlanges oder manchmal tagelanges Arbeiten an einem Fall nur ein karges Salär erhält, gibt kein Gericht bei der Kammer ein Gutachten in Auftrag, ob die paar Euro für einen Aufwand von so vielen Stunden angemessen ist. Das ist der eigentliche Skandal.

  7. Also ich stelle eigentlich NUR solche Rechnungen. Meiner Meinung nach sollte der Mandant im vorliegenden Fall einfach nur bezahlen.

  8. Pingback: Honorare vereinbaren: So machen Anwälte dabei alles richtig | RVG-News

  9. Ich möchte wissen,welche gebühr der anwalt für eine bereits durch den darlehensnehmer widerrufene fonsgebundenesdarlehen an einigungsgebühr berechnen darf

  10. Lieber Herr Rotter,
    Ihr Zitat ist richtig, passt jedoch nicht auf den Fall. Zunächst geht es hier nicht um eine Kündigungsschutzklage, sondern um Überprüfung eines Arbeitsvertrages.

  11. Man darf bei dem Honorar nicht die mögliche Haftung des Anwalts vergessen. Bei einem Fehler des Anwalts im erstellten Geschäftsführervertrag über 500tsd EUR p.a. kann dieser im Schadensfall für bis zu ca. 1,5 Millionen EUR haften. Darüber hinaus muss man wissen, dass auch der beste Anwalt keinen perfekten Vertrag erstellen kann. D.h. auch wenn der Anwalt 100 Stunden daran gearbeitet hätte würde das Haftungsrisiko bestehen bleiben. Alleine diese Risikoprämie sollte ca. 1% der möglichen Haftungssumme betragen: hier demnach 19.500 EUR (1% von 1.950.000 EUR). Zuzüglich des Stundenhonorars 10×290 =2900 EUR wären 22.400 EUR daher die Untergrenze für ein angemessenes Honorar, wenn man einen Anwalt gewählt hat, der die genannten 290 EUR pro Stunde verlangt (verlangen kann).

    Dies hört sich zugegebenermaßen nach sehr viel Geld an. Viele Anwälte, die nur gelegentlich mal ein Mandat mit solch hohem Streitwert haben, würden dies günstiger anbieten und in 99% der Fälle (eben wenn kein Haftungsfall eintritt) damit dennoch gut verdienen.

    Wer seinen Vertrag nur anwaltlich prüfen lassen möchte, ohne dass der Anwalt für jede Zeile haftet, der kann sich „beraten“ lassen und kommt wesentlich günstiger davon. Eine Beratung würde in diesem Fall vermutlich nur mündlich durch den Anwalt erfolgen. Den Vertrag / die Vertrags-passagen schriftlich ändern und ggf. beim Arbeitgeber einreichen müsste der Mandant selbst. Nur so kann der Anwalt dem Haftungsrisiko entgehen.

  12. Liebe Redaktion,
    zum Zeitpunkt Ihres Artikels (10/2014) war die KostO, die für Dienstverträge das 3-fache Jahresgehalt vorgesehen hatte, bereits aufgehoben. Denn seit 2013 gilt § 23 III 1 RVG i.V.m. § 99 II GNotKG, wonach der Streitwert das 5-fache Jahresgehalt beträgt.

    Unabhängig davon herzlichen Dank für das Aufzeigen dieses spannenden Falls!

  13. Die Höhe des Honorars ergibt sich schlicht und einfach aus der Vergütungsvereinbarung. Vereinbart war: mindestens das DOPPELTE der gesetzlichen Vergütung. Damit müssen die Artikelverfasser Ihre Vergütungsansatz mal 2 nehmen. Dann ist der Betrag auch wieder realistisch.

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