Dürfen Anwälte eine Erstberatung kostenlos anbieten? Der Anwaltsgerichtshof NRW hat jetzt pro Nulltarif entschieden, doch Zweifel bleiben.
Das Urteil vom 9.5.2014 – 1 AGH 3/14
Der Anwaltsgerichtshof NRW hat mit Urteil vom 09.05.2014 – 1 AGH 3/14 entschieden, dass die Vereinbarung einer Nullgebühr für die anwaltliche Erstberatung keine berufsrechtswidrige Gebührenunterschreitung darstellt.
Nach § 34 RVG unterliegt der Bereich der Beratung mangels gesetzlicher Gebührenregelung insgesamt nicht dem Verbot der Gebührenunterschreitung. Deshalb könne es im Bereich der außergerichtlichen Beratung seit dem 01.07.2006 einen Verstoß gegen § 49 b Abs. 1 BRAO nicht mehr geben. Es entstehen keine gesetzlichen Gebühren, die durch eine Gebührenvereinbarung unterschritten werden könnten.
Dem Anwaltsgerichtshof ist dahingehend zuzustimmen, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Satzes 3 im § 4 Abs. 1 RVG durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskosten- und Beratungshilferechts mit Wirkung ab 01.01.2014 grundsätzlich eine probono Tätigkeit erlaubt. Dies soll nur für den Bereich der außergerichtlichen Vertretung gelten.
Auswirkungen auf den Rechtsberatungsmarkt
Es bleibt jedoch die Frage, ob der Gesetzgeber sich der Konsequenzen für die Vergütung außergerichtlicher Beratungstätigkeit bewusst war. Ist eine schrankenlose Möglichkeit, eine Nullgebühr für die außergerichtliche Erstberatung zu vereinbaren, ernsthaft gewollt?
Und was ist zu erwarten, wenn sich das Modell „Anwaltliche Erstberatung kostenlos“ auch in der Masse durchsetzt? Eine Schnorrer-Mentalität rund um die Rechtsberatung – also Rechtssuchende, die ganz bewusst einen kostenlosen Rechtsrat abgreifen und dann auf Nimmerwiedersehen verschwinden? Oder eher eine Chance für Rechtsanwälte, sich durch eine kostenlose Einstiegsberatung mehr Mandate zu sichern?
Geben Sie Ihre Meinung ab: Finden Sie es richtig, dass Anwälte eine kostenlose Erstberatung anbieten – oder sollte der Gesetzgeber dies unterbinden? Was spricht dafür, was gegen einen Erstberatung zum Nulltarif? Nutzen Sie die Kommentarfunktion!
Nun ja, dies ist eine schwierige Frage, aber ich sehe es:
Ich finde, es sollte keine kostenlose Erstberatung geben. Wie oft ist es schon vorgekommen, dass es wirklich nur mit einem Gespräch das Problem erledigt war? Teilweise sehr häufig. Ich finde, dass selbst diese Beratung bezahlt werden sollte. Der Anwalt muss sich 1.) in die Sache einlesen und 2.) sein Hirn anstrengen, um richtig zu beraten. Warum sollte er dafür nichts nehmen? Finde ich falsch.
Leider ist es ja so, dass immer mehr Mandanten fragen, ob die Erstberatung kostenlos ist. Aber warum? Ich arbeite doch auch nicht umsonst! Warum sollte der Anwalt das tun? Ärzte arbeiten auch nicht umsonst. Da bekommt der Patient die Abrechnung nur nicht direkt mit.
Ich bin nach wie vor dafür, dass ein Anwalt auch die Erstberatung abrechnen sollte.
Das erste Brötchen beim Bäcker ist auch nicht umsonst. Auch zahlt der Patient beim Arzt, selbst wenn beim ersten Besuch völlige Gesundheit diagnostiziert wird. Der Rechtsanwalt ist trotz seiner Stellung als Organ der Rechtspflege auch ein Unternehmer, der wirtschaftlich denken muss. Zudem geht es um Anerkennung der Leistung, die für einen anderen erbracht wurde. Der Anwaltsvertrag ist eben ein Dienstvertrag wie jeder andere auch.
Es ist nirgendwo das Erste kostenfrei. Weshalb sollte es das bei einem Rechtsanwalt sein?
Meinen Vorkommentatoren ist voll umfänglich zuzustimmen.
Die ohnehin schon vielfach vorhandene Schnorrermentalität würde nur noch mehr um sich greifen und noch unverschämtere Züge annehmen, als dies bereits jetzt der Fall ist.
Im Verständnis des Rechtssuchenden sollte immer fest verhaftet sein, dass die Beratung grundsätzlich nicht kostenfrei ist. Sofern“enrsthaftes Interesse“ an einer qualifizerten Beratung besteht und die Mittel nicht ausreichen, ist auf den „Beratungshilfeschein“ zu verweisen. Wer sich bereits scheut diesen einzuholen, verfolgt in der Regel dann „Schnorrer-Interessen.
Generell sollte eine kostenlose Erstberatung unzulässig und damit auch standeswidrig sein.
Bei kostenloser Beratung müsste sich im Übrigen die Berechnung eines Stundenhonorars auswirken und nicht unerheblich höher ausfallen, da die „kostenlose Tätigkeit“ ja umgerechnet und berücksichtigt werden müsste. Die Gerichte würden dies aber wohl nicht bei Streit um Angemessenheit eines Stundensatzes berück-sichtigen! Kostenlose Tätigkeit: NEIN! Kein Berufsstand arbeitet gratis.
Fakt ist: Eine Erstberatung zum Nulltarif ist – nach der zitierten Entscheidung – zulässig. Wer sich damit zum „billigen Jakob“ machen will, möge dies tun. Er mag aber beachten, dass auch eine solche Erstberatung allen anwaltlichen Maßstäben zu entsprechen, insbesondere qualifiziert zu sein hat. Wer meint, ohne Vergütung nur eine Beratung „light“ anbieten zu müssen, wird sich schnell in der Haftung wiederfinden.
Warum nicht kostenlos? Ich sehe es enifach als eine Strategie, um Mandanten anzulocken. Im Internet gibt es an jeder Ecke kostenlosen Rechtsrat (z.B. Foren und Portale, wo man Anwälten Fragen stellen kann und die dann einen ersten Rat geben – kostenlos). Warum soll ich das in der Kanzlei nicht auch anbieten? Wenn ein „richtiges“ Mandat daraus wird, würde es doch eh wieder verrechnet, auch wenn die Erstberatung kostenpflichtig war. Bei der Konkurrenz muss man neue Wege probieren, und das Urteil sagt klipp und klar, dass es erlaubt ist!
Eine erste Einschätzung sollte kostenlos sein.
Sobald aber eine eingehende Prüfung und Beratung nötig ist, muss das bezahlt werden. Ein Probierhäppchen beim Obsthändler gibs auch umsonst, den Rest muss man kaufen.
es wird immer die fälle geben, in denen man nobile officium kostenlos rat erteilt. das sollte aber nicht die regel sein. wie ulrich schreibt, ist in zeiten des internets die schnorrermentalität weit verbreitet.viele glauben, alles stehe ihnen kostenlos zur verfügung. das macht unsere gesellschaft kaputt, denn dann verdienen nur noch die internet-konzerne.
ein alter kollege hatte hinter seinem schreibtisch ein schild angebracht:“guter rat ist teuer“ das soltlen wir unseren klienten deutlich machen. denn wenn etwas schief geht, machen sie uns ohne hemmungen haftbar.
Das ist differenziert zu betrachten :
Die Rechtsschutzversicherungen bieten ohnehin eine kostenlose anwaltliche Erstberatung telefonisch an. Diese Ersteinschätzungen führen aber in einem Großteil der Fälle zur Inanspruchahme eines Anwalts vor Ort. Bei Erstberatungen diesen Umfangs ( von 2 bis 15 Minuten) sehe ich kein Problem,das kostenlos zu machen, als erste Einschätzung.
Wenn die Mandanten aber im Büro sitzen, erwarten sie von einer Erstberatung gerade mehr.
Ich mache deshalb vorher bei der Terminvergabe deutlich welche unterschiedlichen Leistungen an Erstberatung erbracht werden können und differenziere dabei je nach Umfang von Kostenlos bis 150,00 € die Stunde.(Fachanwalt). Ich zeige den jeweiligen Nutzen der varianten auf und lasse mir einen konkreten Auftrag auch zum Umfang mit Honorarvereinbarung unterschreiben.
Bislang konnte jeder Mandant das nachvollziehen und überwiegend wird die 150,00 € Variante gewählt.
Ich bitte auch , das Geld zum Termin gleich mitzubringen,weil ich nicht hinter 150,00 € herlaufen will.
Natürlich weise ich/meine Mitarbeiter auch immer auf die Möglichkeit von Berat-
ungshilfe hin (warum sollte man denn in derartigen Fällen kostenlos arbeiten ?)
Mandanten sind gut zu überzeugen, das das was nichts kostet,auch nicht viel wert ist, wenn Ihnen die Inhaltlichen Erstberatungsvarianten mit dem jeweiligen unterschiedlichen Nutzen aufgezeigt werden. Das Lockvogelkonzept ist ihnen auch einleuchtend.
Bei mir sind im Familienrecht auch schon einige gelandet,die mit dem kostenlosen oder 20,00 € Ergebnis von Kollegen unzufrieden waren und dann nach der Beratung gern und erleichtert 150,00 € Stundensatz bezahlt haben.
Rechtsanwälte sind die denkbar schlechtesten „Kaufleute“. Jede Marktfrau ist, was den Verkauf eines Produkts angeht, dem Rechtsanwalt himmelhoch überlegen.
Die Beratungstätigkeit gehört zu den Kerngeschäften der anwaltlichen Tätigkeit. Es gibt daher keinen vernünftigen und wirtschaftlich vertretbaren Grund, den Mandanten zu beraten ohne ein Honorar zu verlangen. Man denke nur in Familiensachen an eine umfangreiche Beratung im Rahmen einer Trennung der Eheleute, die umfassend quer durch das Familienrecht geht. Eine solche Beratung kann 2 Stunden dauern, wäre aber als Erstberatung einzustufen.
Schon die Tatsache, dass die Gebühr für die Beratungstätigkeit nicht mehr vom Gegenstandswert abhängig sein soll, sondern frei vereinbart werden muss, führt zwangsläufig zu einer Verringerung des Honorars für eine Beratung. Für die Erstberatung dürfen maximal 190 € und, kommt es zu weiteren Beratungen, dürfen höchstens 250 € netto in Rechnung gestellt werden, sofern keine Honorarvereinbarung getroffen worden ist.
Vielfach wird auch argumentiert, der Rechtsanwalt müsse lernen, sein „Produkt“ zu verkaufen und ein angemessenes Honorar auszuhandeln. Dabei wird aber übersehen, dass die Preise durch den Markt bestimmt werden.
Konnte man beispielsweise früher für eine Prüfung eines Arbeitszeugnisses mit Änderungsvorschlägen ein Bruttomonatsgehalt als Gegenstandswert heranziehen, hat man noch heute schon Probleme, wenn man hierfür als Honorar einen Betrag von 100 € zuzüglich Umsatzsteuer ansetzt. Dadurch, dass die Beratungstätigkeit nicht mehr gegenstandswertgebunden ist, sind Internetseiten wie frag-einen-anwalt.de entstanden. Dort gibt es einen Mindesteinsatz von 25 €. Der Ratsuchende erhält für 25 € bis 50 € nahezu jede Beratungstätigkeit. Zeugnisprüfungen mit Änderungsvorschlägen werden von Rechtsanwälten für 30 € bearbeitet, wobei man nicht vergessen darf, dass der Rechtsanwalt von dem eingesetzten Betrag nur etwa die Hälfte (einschließlich Umsatzsteuer!) erhält.
Wer Plattformen wie frag-einen-anwalt.de kennt, wird es sich zumindest überlegen, ob er noch eine Rechtsanwaltskanzlei betritt oder ob er nicht lieber die Frage online im Internet stellt.
Als die Neuregelungen, die Beratungsgebühr nicht mehr abhängig vom Gegenstandswert zu machen, in der Diskussion stand, wurde die Meinung vertreten, damit erreiche man, dass dem (potentiellen) Mandanten die Scheu genommen werde, eine Anwaltskanzlei aufzusuchen. Dieses Argument hat sich als völlige Fehleinschätzung herausgestellt. Die Situation, dass auf der Grundlage einer billigen Beratungstätigkeit Folgemandate entstehen, ist so jedenfalls nicht eingetreten.
Man kann durchaus sagen, dass der Rechtsanwalt durch den Wegfall lukrativer Beratungstätigkeit gezwungen ist, seine Einnahmen aus der Führung von Prozessen zu erzielen. Mein Eindruck ist jedenfalls, dass vieles heute ausprozessiert wird, was früher außergerichtlich beigelegt werden konnte. Vielleicht ist das das Ergebnis des „Wegfalls“ der Beratungsgebühr.
Wenn heute jemand umfangreich im Familienrecht beraten werden will, stellt er eine Frage in dem Forum frag-einen-anwalt.de und bietet einen Einsatz von 60 €. Der Rechtsanwalt erhält davon etwa 30 € inklusive Mehrwertsteuer. Dafür wird dem Ratsuchenden eine umfassende Beratungstätigkeit zuteil.
Würde man den Gegenstandswert für eine solche Beratung zu Grunde legen (können), hätte man gegebenenfalls ein Honorar von 500 € oder auch mehr.
Was würde wohl ein Maler und Anstreicher sagen, wenn man ihm anböte, einen 20 m² großen mit Raufasertapete tapezierten Raum für 30 € zu streichen? Er wurde vermutlich den Zeigefinger leicht krümmen und damit gegen seine Stirn klopfen. Der Anwalt macht das anders. Er bedankt sich für die Anfrage, beantwortet diese für 30 € und bittet noch darum, dass man das, was er schreibt, auch positiv bewerte.
Wir verdienen es eben nicht anders, als dass man uns das Honorar dramatisch wegstreicht.
Frau Kollegin Giere ist absolut zuzustimmen. Eine Erstberatung in meinem Fachgebiet Arzthaftungsrecht ist nach meinen Erfahrungen unter einer Stunde überhaupt nicht realisierbar. Die meisten Mandanten erwarten das auch gar nicht kostenlos.
Dennoch gibt es Leute, die „nur“ die Erfolgsaussicht wissen wollen und meinen, das sei doch ein einfaches ja oder nein, das könne doch nicht so teuer sein. Diese Einstellung halte ich für fatal, denn auch, wenn das Ergebnis „nein“ lautet, geht diese Auskunft nicht ohne intensive Beschäftigung mit der Sach- und Rechtslage.
Es heißt ja nicht, dass ein Anwalt die Beratung kostenlos anbieten MUSS. Wenn er selbst für sich entscheidet, dass er dies im Interesse einer Mandantengewinnung tun möchte, so sollte man dies nicht verbieten. Ich selbst bin überwiegend auf dem Gebiet des Verkehrsrechtes und der Unfallregulierung tätig und habe kein Problem damit, Geschädigte eines Verkehrsunfalles zu beraten. Meist dürfte sich eine solche Erstberatung auf diesem Gebiet auf eine grobe Einschätzung der Haftungsquote nach den Schilderungen des Mandanten und allgemeine Verhaltenshinweise beschränken. Außerdem dürfte in vielen Fällen, sofern man es nicht vollkommen falsch anstellt, aus der Erstberatung ein Mandat werden.
Wenn die Erstreparatur beim Auto überhaupt und überall kostenlos zu bekommen ist, werde ich über eine kostenlose Erstberatung nachdenken. Das erzähle ich auch potentiellen Mandanten, die meinen, im Internet gelesen zu haben, dass die anwaltliche Erstberatung kostenlos sei. Sie kennen merkwürdigerweise keine Werkstatt, die für die Erstreparatur nichts verlangt… – Ich finde auch: Was nichts kostet, ist nichts wert.
Ich bin gegen die generell kostenlose Erstberatung. Wenn sie erst einmal da ist, sind die Diskussionen endlos. Es gibt jetzt schon zu viele Anwälte und zu viele Anwaltshopper. Es müssen ja nicht 190 € sein. Keiner kann sagen wie viele sinnlose Anfrager dann kommen. Der Anwalt ist jetzt schon eine Art Life-Manager
Die Bemerkung, kostenlose Beratung sei eine „. . . Strategie, Mandanten anzulocken“, kann doch nicht ernst gemeint sein! Sind wir wirklich schon zu Bazarhändlern verkommen oder wollen wir qualitätsbewusste Dienstleister des Rechts sein? Kostenloser Rat zur Anlockung läuft doch darauf hinaus: eine schnelle Ersteinschätzung ist kostenfrei, willst Du es jedoch genauer wissen, dann erteil` mir doch bitte ein kostenpflichtiges Mandat. Ist der Kollege, der so agiert, auch bereit, für seine kostenfreie, nicht in ein Mandat übergegangene Erstauskunft auch die Haftung übernehmen? Jeder Anwalt, der auf sich hält, würde sich schämen, das Recht so auf den Jahrmarkt zu tragen! Je teurer man ist, umso höher ist die Wertschätzung. Daher gibt es zur kostenpflichtigen Beratung keine Alternative! Wer meint, mit „kostenlos“ Kunden anlocken zu wollen, wird am Monatsende seine Kosten nicht decken können. Die Anwaltschaft ist auf dem besten Weg, weiter an Ruf zu verlieren.
Wer nichts zu tun hat, mag sein mühsam und langfristig erworbenes Wissen kostenlos herschenken. Dann hat er zwar Arbeit, aber kein Geld. Das wird sich schnell herumsprechen, dann hat er noch mehr Arbeit. Aber immer noch kein Geld, um sein Büro und sein Leben zu finanzieren. Das kann nicht lange gut gehen. Aber für einen kurzen Telefonanruf habe ich noch nie eine Rechnung geschickt. Und das sogenannte Vorsingen bei attraktiven Mandatsverteilern wird auch jeder kennen, das ist schon genug Prostitution. Wer mit einer kostenlosen Erstberatung wirbt, tut kund, dass er zu wenig Arbeit hat. Wer kundtut, dass er zu wenig Arbeit hat, schadet seinem Ruf.
Es ist ein Streit um des Kaisers Bart! Gute, sozial engagierte Anwälte erhalten das System am Laufen in dem sie schon immer kostenlose Beratung angeboten haben oder zB der Mandant dafür dann mal den Rasen mäht oder die Wand anstreicht! Ob kostenlos oder nicht hängt also nicht an einer einer pauschalten Betrachtung, sondern ist eine Einzefallentscheidung. Frau Klatten sollte keine bekommen, Arbeitsloser A aber schon! RS
Absolut richtig, überfällig und notwendig. Da kein Anwalt im Vorfeld weiß um was es geht und ob überhaupt Erfolgsaussichten bestehen. Standardausführungen jedes Anwalts sind „RAs dürfen keine Prognosen abgeben oder Erfolgsaussichten versprechen“, was logisch ist, wenn der RA nicht weiß um was es geht. Das scheint das eigentliche Problem zu sein. Welcher RA würde sagen, keine Erfolgsaussichten, lassen wir das mal… RAs müssen und sollen Geld verdienen, aber bitte nur dann, wenn entsprechende Gegenleistung erbracht wird. Die Prüfung ob Erfolgsaussichten für Mandanten bestehen muss kostenlos sein. Denn ein RA nach Prüfung von Anbeginn an weiß, keine Erfolgsaussichten wäre es zumindest unseriös ein Mandat zu übernehmen.
Die Beratung, die der Anwalt leistet – sei es die erste oder eine von vielen – ist bereits eine (Gegen)leistung. Es besteht kein vernünftiger Grund dafür, dass eine Beratung ihrerseits ohne Gegenleistung erfolgen soll, nur weil es die erste ist.
Schon die Beratung erfolgt in einem Mandat. Ob eine Beratung in einem Tätigwerden mündet, entscheidet der Mandant. Damit entsteht dann eine weitere oder die Beratung durch Anrechnung ersetztende Gebühr (je nach Vereinbarung).
Kein vernünftiger Anwalt wird über die Erfolgsaussichten täuschen, sonst ist er haftbar. Sie arbeiten mit einer Vor- bzw. Unterstellung, die nicht der Realität entspringt.
Die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels sind im Übrigen gesetzlich geregelt. Darum geht es vorliegend nicht.
Ich bin Rechtsanwältin und in unserer Kanzlei wird es keine Werbung kostenlosen Erstgesprächen geben. Wer sich den Anwalt nicht leisten kann, bekommt Beratungshilfe.
Mit Bedauern stelle ich fest, daß die Anwälte die letzten dreißig Jahre die Deregulierung zu ihrem eigenen Nachteil betrieben haben.
Das liese sich durchaus noch dadurch steigern, daß sich Anwälte durch Mandantenprämien gegenseitig überbieten..
Die Befürworter eines Nulltarifs können für sich in Anspruch nehmen, daß es dies bereits im alten Rom gegeben hat. Allerdings war seinerzeit – nur zur Erinnerung – der Nachweis eines entsprechenden Vermögens Voraussetzung der Anwaltstätigkeit.
Letztlich wertet der Nulltarif
die Anwaltsleistung als solche ab.
Kostenlose Erstberatung sollte sich jeder gut überlegen:
1) Auch für den 1. Rat wird gehaftet (und Haftung hat (s)einen Preis)!
2) Das Argument, dass Versicherungen „kostenlose“ Telefonberatungen anbieten, ist falsch: Die Anwälte, die beraten, bekommen Geld für Ihre Leistung UND haften, und der Kunde bezahlt über seine Beiträge!
3) Das Gesetz sieht genug Hilfen vor, wenn jmd. knapp bei Kasse ist (BerHilfe, PKH).
An Gerhard Raab: Sie sagen es, wer als Anwalt arbeitet, muss auch für seine Arbeit bezahlt werden und die besteht gerade in der Beratung. Wenn man wenig Aufwand für eine Beratung hat, wird eben wenig berechnet. Nichts für seine Arbeit zu nehmen, zerstört einen vernünftigen Wettbewerb. Der Anwaltsgerichtshof vertritt mit seiner Auslegung offenbar die Interessen von Großkanzleien, die auf Beratungsmandate im 200 € Bereich nicht angewiesen sind. Aus § 34 RVG lässt sich jedenfalls nicht interpretieren, dass eine Beratung kostenlos sein kann.
Nichts ist umsonst, so kostet der Tod das Leben. Eine kostenlose Erstberatung würde dazu führen, das eine gewisse Klientel von Anwalt zu Anwalt wandert um sich kostenfrei beraten zu lassen. Besser wäre eine Erfolgshonorarvereinbarung bei Erteilung eines Mandats.
Die Entscheidung ist zu begrüssen. Es steht im Ermessen des Einzelnen, ob er davon Gebrauch machen will. Schliesslich wird es auf den Einzelfall ankommen. Offenkundig überwiegt bei den meisten Kommentatoren die Angst, nach einer kostenlosen Beratung kein Mandat zu erhalten.