Höhe der anwaltlichen Vergütung für einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch

Für einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch auf der Basis eines sog. „flexiblen Nullplans“ steht einem Rechtsanwalt eine Vergütung gem. Nr. 2507  RVG VV nicht zu. Dies entschied nun das OLG Stuttgart.

„Flexibler Nullplan“ als Schuldenbereinigungsplan?

Im Streit ist die Höhe der Vergütung der Rechtsanwälte wegen ihrer Tätigkeit für den Vertretenen, dem nachträglich Beratungshilfe bewilligt wurde mit dem Berechtigungsschein für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt in der Angelegenheit: „Außergerichtliche Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans gemäß § 305 InsO“.

 

Erstellt wurde ein sogenannter „flexibler Nullplan“.

Festgesetzt wurden lediglich eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2503  RVG -VV nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 99,96 €, während die Anwälte eine Vergütung von 690,20 € (Nr. 2507  RVG -VV) verlangen.

Dieses Begehren wurde zurückgewiesen, weil auch ein sogenannter „flexibler Nullplan“ nicht als ernsthafter Versuch einer einvernehmlichen Schuldenbereinigung angesehen werden könne und deshalb die Voraussetzungen der Nrn. 2504 ff.  RVG -VV – hier Nr. 2507  RVG -VV (22 Gläubiger) – nicht erfülle.

In dem Ansinnen an die Gläubiger, letztlich einem Erlass ihrer Forderung zuzustimmen, sei kein ernsthaftes Bemühen zu erkennen, eine einvernehmliche Schuldenbereinigung zu erzielen.

Auch die hiergegen erhobene Beschwerde wurde zurückgewiesen durch Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 12. November 2013, Az. 5 T 180/13, mit dem Hinweis auf die Entscheidung des OLG Bamberg vom 6. August 2010 (Az.  4 W 48/10, veröff. u.a. in MDR 2010, 1157) und des Senats vom 13. November 2012 (Az. 8 W 399/12), wonach ein „starrer Nullplan“ die Mindestvoraussetzungen an einen im Sinne der Nrn. 2504 ff.  RVG -VV vergütungswürdigen Einigungsvorschlag nicht erfülle und der vorliegende „flexible Nullplan“ diesem gleichzustellen sei.

Die Anwälte gingen in die nächste Instanz. Im wesentlichen machen sie geltend, dass es nicht sein könne, dass sogar ein „starrer Nullplan“ als Voraussetzung für die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens zugelassen, nicht aber im Rahmen der Abrechnung der Beratungshilfe als Tätigkeit im Sinne der Nrn. 2504 ff.  RVG -VV anerkannt werde.

„Flexibler Nullplan“ ist dem „starren Nullplan“ gleichzusetzen“

Das Oblerlandesgericht bestätigte das Ergebnis des Landgerichts, nach dem die Anwälte vorliegend die Tätigkeitsgebühr nach Nr. 2507  RVG -VV nicht verdient haben.

Der Senat hat sich schon in seiner Entscheidung vom 13. November 2012, Az. 8 W 399/12, der Auffassung angeschlossen, dass ein „starrer Nullplan“ der dort beschriebenen Art („ich zahle jetzt und auch in Zukunft nichts“) den Anforderungen der Nrn. 2504 ff.  RVG -VV nicht genügt – nämlich der Entfaltung einer Tätigkeit mit dem Ziel einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans (OLG Bamberg MDR 2010, 1157; Buck in Braun,  InsO , 5. Auflage 2012, §  305   InsO  Rn. 6; Hartmann, Kostengesetze, 43. Auflage 2013, Nr. 2504  RVG -VV Rn. 4).

Dem steht nicht entgegen, dass nach zwischenzeitlich überwiegender Auffassung auch ein Nullplan für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und eine spätere Gewährung der Restschuldbefreiung ausreichend sein kann.

(So auch der Senat, Beschluss vom 28.März 2002, Az. 8 W 560/01, veröff. u.a. in Die Justiz 2002, 509; vgl. auch die Übersicht von Ott/Vuia in Münchener Kommentar zur  InsO , 2.Auflage 2008, §  305   InsO  Rn. 65, 66, und von Römermann in Nerlich/Römermann,  InsO , Stand Januar 2011, §  305   InsO  Rn. 53 ff.; je m.w.N.)

Aus dem Wortlaut und der Regelungssystematik der hier einschlägigen Vergütungsvorschriften erschließt sich, dass Voraussetzung des Grundtatbestands der Nr. 2504 RVG -VV eine Ausarbeitung ist, die wenigstens in einzelnen konzeptionellen Elementen das ernsthafte Bemühen erkennen lässt, eine Verhandlungsbasis für eine einvernehmliche Lösung anzubieten (OLG Bamberg, a.a.O.).

Bereits durch die erhöhte Beratungsgebühr nach Nr. 2502  RVG -VV ist der (nur) im Rahmen einer bloßen Beratungstätigkeit entfaltete Mehraufwand für die Vorbereitung bzw. Ausarbeitung eines Schuldenbereinigungsplans mit abgegolten (Pukall in Mayer/Kroiß,  RVG , 5. Auflage 2012, Nr. 2502  RVG -VV Rn. 4).

Die deutliche Disparität zwischen der (Vertretungstätigkeits-)Grundgebühr nach Nr. 2503 RVG -VV und den gestaffelten Gebührensätzen der Nrn. 2504 bis 2507  RVG -VV findet ihre Rechtfertigung in dem zusätzlichen Aufwand, ein vom Anwalt erstelltes Bereinigungskonzept über eine beratende Tätigkeit für den Rechtsuchenden hinaus nach außen durch Verhandlungen zur Herbeiführung einer außergerichtlichen Einigung über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans mit einer sich steigernden Anzahl von Gläubigern abzustimmen (Mayer in Gerold/Schmidt,  RVG , 21. Auflage 2013, Nr. 2500-2508  RVG -VV Rn. 40, m.w.N.).

Daraus lässt sich schließen, dass die Gebühren nach Nr. 2404 ff. RVG -VV den Mehraufwand abdecken sollen, der mit der Erstellung eines wenigstens ernsthaft eine Verhandlungsbasis bietenden Bereinigungskonzepts und dessen Vertretung gegenüber den Gläubigern verbunden ist (OLG Bamberg, a.a.O.).

Diesen Anforderungen wird ein starrer, weil aus Gläubigersicht perspektivloser Nullplan nicht gerecht. Dieser zielt regelmäßig nur darauf ab, die Eröffnungsvoraussetzung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu erfüllen.

Ein ernsthaftes Bemühen um eine einvernehmliche Lösung wird nicht erkennbar. Vergütungsrechtlich ist deshalb eine Abgeltung durch die Gebühren nach Nrn. 2502, 2503 VV  RVG  ausreichend.

Gleiches gilt auch für einen „flexiblen Nullplan“ der vorliegenden Art, mit dem den Gläubigern mitgeteilt wird, dass der Schuldner eine nicht pfändbare Rente wegen Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 658,29 € erhält und auch sonst kein pfändbares Vermögen vorhanden ist, so dass die übernommene Verpflichtung für die ersten zwei Jahre an den einen Gläubiger und in den folgenden vier Jahren den übrigen Gläubigern den pfändbaren Betrag nach § 850c ZPO zu bezahlen, ins Leere geht – im Übrigen auch das zugesagte Bemühen um eine zumutbare angemessene Erwerbstätigkeit bei Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung.

In Folge dessen hatte von 22 Gläubigern auch nur einer den außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan akzeptiert, wobei berücksichtigt werden muss, dass Forderungen eingestellt wurden von 10 € und 42,50 € sowie zahlreiche unter 1.000 €, insgesamt jedoch in Höhe von 42.334,28 €.

Die antragstellenden Anwälte verkennen im Übrigen, dass die insolvenzrechtlichen Voraussetzungen an einen Schuldenbereinigungsplan anders zu beurteilen sind als die vom Anwalt verlangte Tätigkeit, um die Geschäftsgebühr nach Nrn. 2504-2507 RVG -VV zu verdienen, die eben über die Beratung des Rechtsuchenden hinaus nach außen Verhandlungen zur Herbeiführung einer außergerichtlichen Einigung über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO) beinhalten muss.

Hieran scheitert es aber auch bei einem „flexiblen Nullplan“, wenn dieser von vornherein – wie hier – aus Gläubigersicht ebenso perspektivlos ist wie ein „starrer Nullplan“.

Die weitere Beschwerde war demgemäß unter ergänzender Bezugnahme auf die zutreffenden Entscheidungen der Vorinstanzen als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung im Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf §  56  Abs.  2   RVG .

OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.01.2015 – Aktenzeichen 8 W 35/14
(Vorinstanz: LG Tübingen, vom 12.01.2013 – Vorinstanzaktenzeichen  5 T 180/13)
DRsp Nr. 2015/2930

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