Reform der Beratungshilfe zum 1.1.2014

Zum 1.1.2014 ist die Reform der Beratungshilfe zusammen mit einer Neuregelung der Prozesskostenhilfe (Gesetz zur Änderung des Prozesskosten- und Beratungshilferechts v. 31.08.2013, BGBl I, 3533) in Kraft getreten.

Beratungshilfe: Was hat sich geändert?

Die Neuregelung bei der Beratungshilfe betrifft

  • die Berechnung des Einkommens,
  • die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme anderer Hilfen,
  • den Begriff und die Überprüfung der Mutwilligkeit und
  • die Erforderlichkeit der über die Beratung hinausgehenden Vertretung.

Außerdem wird der Kreis der Angelegenheiten erweitert und dazu auch der Personenkreis der Berater.

Weitere Neuerungen: Für die Antragstellung werden dem Rechtsuchenden zusätzliche Pflichten auferlegt. Die Aufhebung der Bewilligung ist innerhalb eines Jahres möglich. Die Beratungsperson kann die Aufhebung der Bewilligung beantragen, wenn der Rechtsuchende durch diese Tätigkeit etwas erlangt hat.
 
 

1. Berechnung des Einkommens

 
Die Berechnung des Einkommens richtet sich nach der Neuregelung des § 115 Abs. 2 ZPO für die Bestimmung der Ratenhöhe in der Prozesskostenhilfe. Die erforderlichen Mittel können von dem Rechtsuchenden nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufgebracht werden, wenn ihm ohne Raten PKH zu bewilligen wäre.

   

Beispiel 1  
Nettoeinkommen 900 Euro
Erwerbsfreibetrag (§ 115 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ZPO) – 206 Euro
Freibetrag der Partei nach § 115 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO – 452 Euro
anrechenbare Wohnkosten – 235 Euro
Summe aller Abzüge 7 Euro
PKH-Rate 0 Euro
Bei Nullrate: Bewilligung der Beratungshilfe

  
 

2. Zumutbarkeit der Inanspruchnahme anderer Hilfen

 
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG wird die Hilfe nur gewährt, wenn nicht andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme dem Rechtsuchenden zuzumuten ist.

Hierzu wird in § 1 Abs. 2 Satz 2 BerHG eine Klarstellung vorgenommen: Die unentgeltliche oder gegen Vereinbarung eines Erfolgshonorars vorgenommene Beratung oder Vertretung ist keine anderweitige Möglichkeit.
 

3. Mutwilligkeit

 
Der Begriff der Mutwilligkeit erhält in § 1 Abs. 3 BerHG in Anknüpfung an die Rechtsprechung des BVerfG eine Legaldefinition.

Mutwilligkeit liegt danach vor, wenn Beratungshilfe in Anspruch genommen wird, obwohl ein Rechtsuchender, der keine Beratungshilfe erhält, bei verständiger Würdigung aller Umstände der Angelegenheit davon absehen würde, sich auf eigene Kosten rechtlich beraten oder vertreten zu lassen.

Bei der Beurteilung der Mutwilligkeit sind die Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers sowie seine besondere wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen.

Die Neuregelung soll nach der Intention des Gesetzgebers im Wege einer Missbrauchskontrolle verhindern, dass eine Beratungsperson auf Kosten der Staatskasse auch dann in Anspruch genommen wird, wenn professioneller Rechtsrat nicht geboten erscheint, z.B. bei Klärung des Sachverhalts durch ein Gespräch mit dem Gegner oder Vereinbarung einer Ratenzahlung.

Nach der bisherigen Tendenz der Gerichte wird die Ablehnung der Anträge wegen Mutwilligkeit zunehmen.
 

4. Erforderlichkeit der über die Beratung hinausgehenden Vertretung

 
Die Beratungshilfe besteht in der Beratung und, soweit erforderlich, in der Vertretung. Der Begriff der Erforderlichkeit ist nunmehr definiert.

Die Vertretung ist erforderlich, wenn der Rechtsuchende nach der Beratung angesichts des Umfangs, der Schwierigkeit oder der Bedeutung der Rechtsangelegenheit für ihn seine Rechte nicht selbst wahrnehmen kann.

Dabei ist auf die individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten zur Selbstvertretung des einzelnen Antragstellers abzustellen und nicht auf einen objektiven Durchschnitt.

Insbesondere sind die Schul- und sonstige Bildung ins Verhältnis zur Schwierigkeit und zum Umfang der Rechtsangelegenheit zu setzen.

Eine anwaltliche Vertretung ist z.B. nicht erforderlich, wenn ein einfaches Schreiben mit einer Sachverhaltsmitteilung zu fertigen, ein Widerspruch ohne Begründung einzulegen oder nur ein einfaches Kündigungsschreiben zu formulieren ist.

Ist jedoch damit zu rechnen, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen oder der Kündigungsgrund bestritten wird, ist die Erforderlichkeit der Vertretung anzunehmen. Der Gesetzgeber wollte mit der Legaldefinition Rechtssicherheit schaffen. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Ziel erreicht wird.

Eine stufenweise Bewilligung von Beratung und Vertretung ist nicht damit verbunden. Die Erforderlichkeit der Vertretung ist daher Thema und Risiko bei der Abrechnung und Vergütungsfestsetzung.
 

5. Kreis der Angelegenheit

 
Nach § 2 Abs. 2 BerHG wird die Beratungshilfe in allen rechtlichen Angelegenheiten gewährt. Der bisherige Katalog mit dem Ausschluss des Steuerrechts wird aufgehoben. In den Straf- und Bußgeldsachen verbleibt es bei der Beschränkung auf eine Beratung.
 

6. Kreis der Beratungspersonen

 
Nach § 3 Abs. 1 BerHG wird die Beratungshilfe grundsätzlich durch Rechtsanwälte und Rechtsbeistände, die Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sind, gewährt. Der Kreis der Beratungspersonen wird erweitert auf Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Rentenberater, soweit sie jeweils zur Rechtsberatung befugt sind.

Neben den Beratungspersonen können auch Beratungsstellen, die aufgrund einer Vereinbarung mit der Landesjustizverwaltung eingerichtet sind, Beratungshilfe gewähren.

Auch die Amtsgerichte können bei Aufnahme des Antrags Beratungshilfe bewilligen.
Mit der Neuregelung wird das anwaltliche Beratungsprivileg im Rahmen der Beratungshilfe aufgegeben. Vergütungsrechtlich werden diese Berufsgruppen nach § 8 BerHG wie Anwälte behandelt. Die Abrechnung erfolgt nach Nr. 2500 ff. VV RVG. Die neuen Berufsgruppen unter den Beratungspersonen sind zur Übernahme der Beratungshilfe genauso verpflichtet wie die Anwälte.

Diese Regelung führt dazu, dass bei der Tätigkeit z.B. eines Steuerberaters bei einer Überschreitung der Befugnis zur weiteren Rechtsberatung in einem zusammenhängenden anderen Rechtsgebiet erneut ein Berechtigungsschein ausgestellt werden muss.
 

7. Erklärungspflichten des Antragstellers

 
Die Neuregelung des § 4 Abs. 3 BerHG wird den Vorschriften der Prozesskostenhilfe angepasst. Der Antragsteller ist nunmehr gesetzlich verpflichtet, seinem mündlichen oder schriftlichen Antrag die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Angaben zu Familienstand, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten sowie Belege beizufügen.

Außerdem muss er eidesstattlich versichern, dass ihm in derselben Angelegenheit bisher keine Beratungshilfe gewährt oder versagt worden ist und dass in derselben Angelegenheit kein gerichtliches Verfahren anhängig war oder ist.

Das Gericht kann vom Antragsteller die Glaubhaftmachung seiner Angaben verlangen und durch die Anordnung der Vorlage von Urkunden oder die Einholung von Auskünften eigene Erhebungen anstellen.
 

8. Frist bei nachträglicher Antragstellung

 
Nach § 6 Abs. 2 BerHG bleibt der Direktzugang zur Beratungsperson durch die nachträgliche Antragstellung erhalten. Der Antrag muss spätestens vier Wochen nach Beginn der Beratungshilfetätigkeit gestellt werden.

Bisher wurde der Antrag nach Beendigung der Angelegenheit und Fälligkeit der Vergütung zusammen mit dem Festsetzungsantrag eingereicht.
 
Die Abrechnung des Beratungshilfemandats ist künftig in zwei Akten durchzuführen und damit aufwendiger. Es muss zunächst die Bewilligung dem Grunde nach mit Beachtung des Fristablaufs beantragt werden und später die Abrechnung mit Feststellung der Höhe von 35 € für die Beratung, 85 € für die Vertretung und 150 € für die Einigung.

Ein weiterer Aufwand kommt hinzu. Bei Aufnahme des Mandats bis zum Fristablauf für die Antragstellung kann zunächst nur eine Beratung angemessen sein – zu einem späteren Zeitpunkt zusätzlich eine außergerichtliche Vertretung. Die Erforderlichkeit der Vertretung wird gesondert geprüft und sollte daher zusätzlich begründet werden.
 
Die nachträgliche Antragstellung ist vom Verwaltungsaufwand her nicht zu empfehlen.
 

9. Ablehnung des nachträglichen Antrags

 
Nach § 8a Abs. 4 BerHG kann die Beratungsperson von dem Rechtsuchenden die Vergütung nach den allgemeinen Vorschriften verlangen, wenn im Fall der nachträglichen Antragstellung die Beratungshilfe abgelehnt wird.

Dieser Anspruch entsteht nur, wenn die Beratungsperson den Rechtsuchenden bei Mandatsübernahme darauf hingewiesen hat.

Diese Hinweispflicht ist nach Form und Wirksamkeit ähnlich wie der Hinweis auf die Gebühren nach dem Gegenstandswert gem. § 49b Abs. 5 BRAO zu beurteilen. Mit Erteilung der Vollmacht sollte deshalb auch die Hinweiserteilung von dem Mandanten schriftlich bestätigt werden.
 

10. Aufhebung der Bewilligung von Amts wegen

 
Nach § 6a BerHG kann das Gericht die Bewilligung der Beratungshilfe von Amts wegen innerhalb eines Jahres aufheben, wenn die Voraussetzungen für die Beratungshilfe zum Zeitpunkt der Bewilligung nicht vorgelegen haben.

Eine Pflicht hierzu besteht nicht. Eine Aufhebung von Amts wegen bei einer nachträglichen Verbesserung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse ist auch weiterhin unzulässig.
 
Der Vergütungsanspruch der Beratungsperson gegen die Staatskasse wird von der Aufhebung nicht berührt (§ 8a Abs. 1 BerHG).

Das gilt nicht, wenn die Beratungsperson Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von dem Nichtvorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen hatte.
 
Bei Aufhebung der Bewilligung kann die Beratungsperson die Wahlanwaltsgebühren verlangen.

Das setzt voraus, dass keine Vergütung aus der Staatskasse gefordert oder einbehalten wurde und der Rechtsuchende bei Übernahme des Mandats auf die Möglichkeit der Aufhebung und die Folgen für die Vergütung hingewiesen wurde.
 
Wird die Bewilligung aufgehoben, weil die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen haben, kann die Staatskasse nur von dem Rechtsuchenden die Erstattung des Betrags verlangen.

Ein Erstattungsanspruch gegenüber der Beratungsperson besteht nicht. Die Entscheidung über die Rückforderung liegt im Ermessen des Gerichts.
  

11. Aufhebung der Bewilligung auf Antrag der Beratungsperson

 
Ganz neu ist die Regelung des § 6a Abs. 2 BerHG. Danach kann die Beratungsperson selbst die Aufhebung der Bewilligung beantragen, wenn der Rechtsuchende aufgrund der Beratung oder Vertretung in der Beratungshilfesache etwas erlangt hat, das seine wirtschaftliche Situation verbessert.
 
Der Antrag ist an zwei Voraussetzungen geknüpft:

 

1.

Die Beratungsperson darf noch keine Auszahlung der Vergütung aus der Staatskasse nach § 44 RVG beantragt haben.

2.

Die Beratungsperson hat den Rechtsuchenden in Textform auf die Möglichkeit dieser Antragstellung hingewiesen und ihn über die Aufhebung der Bewilligung mit den Folgen der Zahlungsverpflichtung einer ungekürzten Vergütung in Textform informiert.

 
 
Nach Anhörung des Rechtsuchenden wird die Bewilligung aufgehoben, wenn sich seine wirtschaftliche Situation nachträglich durch das Erlangte verbessert hat.
 
Im Fall der Aufhebung hat der Rechtsanwalt die Möglichkeit, anstelle der gesetzlichen Vergütung eine höhere Gebühr aufgrund einer Vergütungsvereinbarung zu verlangen. Der Rechtsanwalt kann auch ein Erfolgshonorar vereinbaren.

Dieser Anspruch kann erst durchgesetzt werden, wenn die Bewilligung der Beratungshilfe durch das Gericht aufgehoben wurde. Wird die Beratungshilfe aufgehoben, geht der Anspruch gegen die Staatskasse unter (§ 8a Abs. 1 Nr. 2 BerHG).

Der Antrag auf Aufhebung sollte nur dann gestellt werden, wenn sich der Vergütungsanspruch gegenüber dem Mandanten realisieren lässt. Andernfalls geht der Rechtsanwalt leer aus oder muss den Vergütungsanspruch gerichtlich geltend machen.
 

12. Vergütungsvereinbarung grundsätzlich nicht mehr unwirksam

 
Die bisherige Regelung in § 8 BerHG über die Nichtigkeit von Vergütungsvereinbarungen ist ersatzlos weggefallen. Die Öffnung der Vergütungsvereinbarung auch für die Beratungshilfe – pro bono – leitet im Bereich des Erfolgshonorars eine prinzipielle Änderung ein.

Wegen der neueingeführten Aufhebung der Beratungshilfe nach § 6a BerHG ist eine Vergütungsvereinbarung nicht nur in Fällen der nachträglichen Antragstellung, sondern auch bei bereits bewilligter Beratungshilfe wirksam.
 
Mit der zusätzlichen Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 3 RVG besteht nunmehr die Möglichkeit, unentgeltlich tätig zu werden, auch wenn die Voraussetzungen für die Beratungshilfe vorliegen.

Die Zulässigkeit des Vergütungsverzichts ist nunmehr ausdrücklich geregelt. Mit dieser Neuregelung beabsichtigt der Gesetzgeber, dass Rechtsanwälte für eine Leistung, die zu einem erheblichen Vermögenszuwachs beim Antragsteller führt, eine angemessene Vergütung erlangen können.

Gleichzeitig soll die Regelung einen Anreiz setzen, auch Mandate nichtbemittelter Rechtsuchender gegen eine angemessene Vergütung zu übernehmen. Außerdem erhofft sich der Gesetzgeber dadurch Entlastungen für die Staatskasse.
 

13. Übergang des Vergütungsanspruchs gegen den Anspruchsgegner

 
Nach § 9 BerHG ist der Gegner verpflichtet, dem Rechtsuchenden die Kosten der Wahrnehmung seiner Rechte zu ersetzen. Für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts hat er die Kosten nach den allgemeinen Vorschriften des RVG zu zahlen. Der Anspruch geht gesetzlich auf den Rechtsanwalt über.
 

14. Öffnungsklausel

 
Nach § 12 Abs. 3 BerHG können die einzelnen Bundesländer die ausschließliche Zuständigkeit von Beratungsstellen zur Gewährung der Beratungshilfe bestimmen.

Die Beratungsstellen werden aufgrund einer Vereinbarung mit der Landesjustizverwaltung eingerichtet.
 

15. Muster

 
Muster für die erforderlichen Hinweise nach §§ 6a und 8a BerHG
 

In der Sache …………./…………..
 
habe ich Rechtsanwältin/Rechtsanwalt …………. beauftragt, im Rahmen der Beratungshilfe meine rechtlichen Interessen wahrzunehmen.

Ich bin über meine Auskunfts- und Mitteilungspflichten bei Antragstellung der Beratungshilfe und nach deren Bewilligung wie folgt informiert:
 
1.

Die Bewilligung der Beratungshilfe gilt für die Beratung und außergerichtliche Vertretung in einer rechtlichen Angelegenheit. Für die Vertretung in einem gerichtlichen Verfahren muss ich gesondert die Bewilligung der Prozesskosten- oder Verfahrenskostenhilfe beantragen. Die Beratungshilfe befreit mich als Partei in einer außergerichtlichen Auseinandersetzung nur von der Zahlung der eigenen Anwaltskosten. Sie schützt mich nicht vor späteren Kostenforderungen des Gegners aus besonderen Gründen wie z.B. des Verzugs. Mir ist bekannt, dass bei einer Erstattungspflicht des Anspruchsgegners mein Rechtsanwalt die Gebühren nach den allgemeinen Vorschriften verlangen kann. Der Erstattungsanspruch ist gesetzlich auf den Rechtsanwalt übergegangen.
 
2.

Die Gewährung von Beratungshilfe ist mit der Durchführung eines Prüfungsverfahrens meiner Angaben verbunden. In dessen Verlauf können bereits Anwaltsgebühren zu meinen Lasten entstehen, die nicht von der Staatskasse getragen werden.
 
3.

Die Bewilligung der Beratungshilfe bedeutet nur eine vorläufige und keine endgültige Befreiung von entstehenden Anwaltsgebühren.
 
4.

Meine Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen für die Beantragung der Beratungshilfe sind richtig und vollständig. Die Richtigkeit und Vollständigkeit versichere ich in Kenntnis der Strafbarkeit einer falschen eidesstattlichen Versicherung an Eides statt.
 
5.

Ich habe nach § 8a Abs. 4 BerHG folgenden Hinweis erhalten:
 
Wird die Bewilligung der Beratungshilfe von meiner Rechtsanwältin/meinem Rechtsanwalt nachträglich bei Gericht beantragt und wird der Antrag abgelehnt, bin ich verpflichtet, die Gebühren nach den Vorschriften des RVG zu zahlen. Es können Gebühren entstehen, die nach dem Gegenstandswert abgerechnet werden. Insoweit wird auf Nr. 8 dieses Hinweises verwiesen.
 
6.

Ich bin darüber belehrt, dass das Gericht die Bewilligung aufheben kann, wenn die Voraussetzungen für die Beratungshilfe zum Zeitpunkt der Bewilligung nicht vorgelegen haben und seit der Bewilligung nicht mehr als ein Jahr vergangen ist.
 
7.

Ich wurde nach § 6a Abs. 2 Nr. 2 BerHG von meiner Rechtsanwältin/meinem Rechtsanwalt als zuständiger Beratungsperson auf Folgendes hingewiesen:
 
Meine Rechtsanwältin/mein Rechtsanwalt kann die Aufhebung der Bewilligung beantragen, wenn ich in der Beratungshilfesache etwas erlangt habe, das meine wirtschaftliche Lage verbessert. Im Fall der Aufhebung bin ich verpflichtet, die Vergütung des Rechtsanwalts nach den allgemeinen Vorschriften des RVG zu zahlen. Für die Berechnung gilt der Hinweis nach Nr. 7 dieses Hinweises.
 
8.

Die Berechnung der Vergütung kann in Zivilsachen auf Gebühren beruhen, die nach dem Gegenstandswert berechnet werden. In meinem Fall wird der Gegenstandswert auf ………………. festgelegt.
 
Ist die zivilrechtliche Angelegenheit weder umfangreich noch schwierig, wird auf der Grundlage des Gegenstandswerts eine 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagen und der gesetzlichen Umsatzsteuer berechnet. Die Geschäftsgebühr ist eine Rahmengebühr und kann in einer umfangreichen oder schwierigen Angelegenheit bis zu 2,5 betragen.
 
 
 
Ort ____________ Datum _____________
 
 
 
________________________________________
Unterschrift Mandant

 

16. Abrechnungsbeispiele

 
Beispiel 1: Beratung, Vertretung und Einigung
 
Der Rechtsanwalt berät den Mandanten wegen rückständigen Mietzinses i.H.v. 210 €. Es wird ein Berechtigungsschein für die Beratungshilfe vorgelegt. Der RA fertigt ein Schreiben an den Gegner. Die Angelegenheit wird einvernehmlich gegen Zahlung eines Betrags i.H.v. 105 € beendet.
 

VV Nr. Gebührentatbestand Betrag in €
2503 Geschäftsgebühr 85
2508 Einigungsgebühr 150
7002 Auslagenpauschale 20

 
 
Beispiel 2: Vertretung, mehrere Auftraggeber, derselbe Anspruch
 
Der RA vertritt zwei Studenten einer Wohngemeinschaft wegen einer fristlosen Kündigung. Die Kündigung wird vom Vermieter zurückgenommen.
 

VV Nr. Gebührentatbestand Betrag in €
2503 Geschäftsgebühr 85
1008 Erhöhung für einen weiteren Auftraggeber 30 % 25,5
7002 Auslagenpauschale 20

 
 
Beispiel 3: Außergerichtliche Vertretung, Schuldenbereinigung, bis zu fünf Gläubiger, mit Einigung
 
Der RA erhält den Auftrag, für seinen Mandanten eine Schuldenbereinigung zur Restschuldbefreiung auf der Grundlage eines Plans gem. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO durchzuführen. Der Mandant hat vier Gläubiger. Dem RA gelingt eine Einigung.
  

VV Nr. Gebührentatbestand Betrag in €
2504 Geschäftsgebühr 270
2508 Einigungsgebühr 150
7002 Auslagenpauschale 20

 
Scheidungs- und Folgesachen in der Beratungshilfe sind verschiedene Angelegenheiten (streitig).

Die Regelung des § 16 Nr. 4 RVG, wonach Scheidungs- und Folgesachen gebührenrechtlich als „dieselbe Angelegenheit“ anzusehen sind, ist nicht unbedingt auf die außergerichtliche Beratungshilfe anzuwenden.

Es können somit auch verschiedene Angelegenheiten vorliegen, wenn der Rechtsanwalt im Rahmen der Beratungshilfe nur hinsichtlich der Trennungsfolgen tätig wird.

Nach der Rechtsprechung des OLG Köln handelt es sich, auch wenn nur ein Berechtigungsschein erteilt wurde, in den nachfolgenden Fällen um vier eigenständig abrechenbare Angelegenheiten:

  • Ehegattenunterhalt
  • Kindesunterhalt
  • Umgangsrecht
  • eheliches Güterrecht einschließlich Haushalts- und Vermögensauseinandersetzung

Die Aktenversendungspauschale und die Kopierkosten im Rahmen der Beratungshilfe sind grundsätzlich zu erstatten, wenn die Einsicht in eine Strafakte zur Interessenwahrnehmung erforderlich ist.
 
Die Postentgeltpauschale kann nur erhoben werden, wenn tatsächlich Auslagen entstanden sind.

Auch im Fall der Beratungsgebühr Nr. 2501 VV RVG von 35 € können im Einzelfall Auslagen anfallen. Im Rahmen einer Datenbankrecherche anfallende Auslagen können für die Entstehung der Auslagenpauschale ausreichen.
 

Autor: RA Dr. Ulrich Prutsch, Köln

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5 Kommentare zu “Reform der Beratungshilfe zum 1.1.2014

  1. Kompetenter Beitrag mit den wesentlichen Informationen in übersichtlichen Abschnitten. Da ich häufig ehrenamtlich berate und sich daraus das ein oder andere Mandat ergibt, waren die Hinweise zu Honorarvereinbarung und gebührenfreier Beratung besonders wichtig.
    Vielen Dank !

  2. Kompliment, praxistauglich für Anwalt wie Bürovorsteherin, weil das Ganze sehr übersichtlich gegliedert ist und alle notwendigen Informationen und Weichenstellungen enthalten sind.

  3. Pingback: Herr Spahn und die Wahrheit – Frustvoll

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