Das Rätsel ist gelöst – dank der tatkräftigen Unterstützung unserer Leser, die sich als echte RVG-Sherlocks bewiesen haben. Drei glückliche Gewinner wurden bereits per E-Mail informiert. Herzlichen Glückwunsch auch von dieser Stelle!
Haben Sie den Fall gelöst?
Wir hatten Ihnen vergangenen Monat in unserem Beitrag „RVG-Sherlocks aufgepasst: Jetzt Gebühren-Rätsel lösen und gewinnen“ folgenden Fall mit auf den Weg gegeben:
RA Gründlich erhält den Auftrag zur außergerichtlichen Geltendmachung eines Gewährleistungsanspruches in einer Bausache von 30.000 €.
Die Sache ist umfangreich. Eine Gebühr von 2,0 ist angemessen. RA Gründlich versucht eine gütliche Einigung mit einem ausführlichen Gespräch des Gegners. Die Ansprüche werden jedoch zurückgewiesen. Zur Feststellung des derzeitigen Zustandes beantragt RA Gründlich die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. Es wird ein Ortstermin durch den Sachverständigen bestimmt. Daran nimmt RA Gründlich teil. Die Gegenseite erscheint nicht. Aufgrund des Ergebnisses aus dem Gutachten erhebt RA Gründlich Klage vor dem Landgericht Köln. In der mündlichen Verhandlung erscheint der Beklagtenvertreter nicht. Es ergeht ein Urteil. |
Ihre Aufgabe war es, als Gebührendetektiv alle Gebührentatbestände für die außergerichtliche Geltendmachung, die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens und für das gerichtliche Verfahren zu finden. Ob Sie alle Gebühren entdeckt und richtig abgerechnet haben, sehen Sie in der folgenden Musterlösung.
Diese Gebühren kann RA Gründlich geltend machen
Der Verfahrenswert 30.000 Euro ist gesetzt. Andere Auslagen als jeweils nach Nr. 7002 VV RVG sind nicht vorgesehen. Die Abrechnung muss demnach lauten:
1. außergerichtliche Tätigkeit
2,0 Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG aus 30.000 €: 1.726,00 €
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG: 20,00 €
2. selbständiges Beweisverfahren
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG aus 30.000 €: 1.121,90 €
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104, Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG:1.035,60 €
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG: 20,00 €
0,75 Anrechnung Geschäftsgebühr Vorb. 3 Abs. 5 VV RVG aus 30.000 €: – 647,25 €
3. gerichtliches Verfahren
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG aus 30.000 €: 1.121,90 €
0,5 Terminsgebühr Nr. 3104, 3105 VV RVG aus 30.000 €: 431,50 €
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG: 20,00 €
1,3 Anrechnung Verfahrensgebühr Vorb. 3 Abs. 5 VV RVG: – 1.121,90 €
Zwischensumme: 3.727,75 €
Anmerkungen: Aufgrund des Auftrages zur außergerichtlichen Tätigkeit erhält RA Gründlich eine Geschäftsgebühr. Eine Terminsgebühr für das intensive Gespräch fällt nicht an.
Das selbständige Beweisverfahren ist ein gerichtliches Verfahren. Nach Vorb 3 Abs. 3 VV fällt eine Terminsgebühr in voller Höhe an. Auf das Erscheinen der Gegenseite kommt es nicht an. Ein Versäumnisurteil kann nicht ergehen.
Im gerichtlichen Verfahren fällt die Verfahrensgebühr an. Darauf wird die Verfahrensgebühr aus dem selbständigen Beweisverfahren angerechnet. Die Terminsgebühr entsteht nur in Höhe von 0,5 nach Nr. 3104, 3105 VV, weil nunmehr ein Versäumnisurteil ergehen kann.
Geschafft! RA Gründlich bekommt sein verdientes Honorar
Ganz schön knifflig, dieser Fall. Haben Sie richtig gerechnet? Akzeptiert haben wir natürlich auch alle Lösungen, bei denen die Umsatzsteuer oben drauf gerechnet wurde. Die glücklichen Gewinner wurden per Los ermittelt:
- RAin B.K. aus Merzig, die sich für den „Deubner Gebührenoptimierer“ als Hauptgewinn entschieden hat.
- RA V.D. aus Bielefeld, der sich auf „Die 100 typischen Mandate im Familienrecht“ freuen darf.
- Rechstanwaltsfachangestelle A.H. aus Berlin, die sich „RSV – Auf jeden Einwand die passende Erwiderung“ wünschte und nun erhält.
Allen Teilnehmern danke fürs Mitmachen und allen Gewinnern herzlichen Glückwunsch!
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Schade, dass die Aufgabe missverständlich formuliert war. Beim gerichtlichen Verfahren hieß es sinngemäß „Es ergeht ein Urteil“, da geht man von einem streitigen Urteil und nicht von Versäumnisurteil aus, das laut Angabe für den Fall des Nichterscheinens der Gegenseite auch nicht beantragt war!
Beim nächsten Mal bitte genauere Angabe!
Ich kann der Lösung für das Klageverfahren nicht ganz folgen.
Bei der Rechnung für das selbstständige Beweisverfahren wurde die Geschäftsgebühr i. H. v. 647,25 € angerechnet, so dass von der Verfahrensgebühr für das selbstständige Beweisverfahren lediglich ein Betrag i. H. v. 474,65 € verbleibt.
Dieser verbleibende Betrag der Verfahrensgebühr ist doch dann gem. Vorb. 3 Abs. 5 VV RVG auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen.
Insgesamt wäre dann ein Gesamtbetrag i. H. v. 4.375,00 € zu zahlen.
Anscheinend doch nicht. Habe das gerade im Kommentar gelesen. Aber irgendwie unlogisch.
„Eine Terminsgebühr für das intensive Gespräch fällt nicht an.“ Aha. Wo stehts? Eine Lösung ohne Angabe der Normen zu präsentieren finde ich gelinde gesagt schwach. Genau solche Infos sollte so eine Seite liefern.
Danke für Ihren Kommentar, das können wir gerne ergänzen. Zwar gibt es einige strittige Fragen zur Terminsgebühr (s. z.B. hier oder hier oder hier, um um nur einige Besipiele zu nennen). Unstrittig ist aber die Voraussetzung, dass für die Entstehung einer Terminsgebühr immer ein Prozessmandat, also Auftrag zur Klage oder zur Klageabwehr, erteilt sein muss. Das ergibt sich aus der Norm Nr. 3104 VV RVG und ist z.B. aus der Begründung des Gesetzgebers zu lesen, dass „die Terminsgebühr auch entstehen soll, wenn der Anwalt nach Erteilung des Klageauftrags an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung mitwirkt“ (BT-Drucks. 15/1971, 148). Ein Prozessauftrag war im Beispiel-Sachverhalt anfangs nicht gegeben, deshalb fiel im ersten Schritt auch keine Terminsgebühr an. Viele Grüße, Redaktion RVG-News.de
Ich denke, die Lösung ist falsch, und zwar zum Beweisverfahren und zum Gerichtsverfahren:
Laut SV handelt es sich um 2 verschiedene RA’s (Gründlich + Clever), keine Sozietät oder Untervollmacht erwähnt, daher getrennte Gebühren je RA! Nimmt ein RA (Gründlich) einen Termin wahr ohne Hauptbevollmächtigter zu sein (das war Clever), ist er nur „Terminsvertreter“. Hieraus folgt: Clever 1,3 gem. 3100 ohne Kürzung mangels außergerichtlichem Auftrag; Gründlich 50% aus 1,3 = 0,65 gem. 3401 auf Null gekürzt gem. Vorb.3 IV (0,65 – 0,75) sowie 1,2 gem. 3402. Im Prozeß LG Köln volle 1,3 aus 3100 ohne Anrechnung Vorb. 3 V, da Verfahrensgebühr Beweisverfahren bereits durch Anrechnung Vorb. 3 IV erloschen.
Hallo Herr Dr. Clausnitzer, sehr gut aufgepasst 🙂 Ich habe den wirklich vollkommen unabsichtlichen Dreher korrigiert. Hätte im Gewinnspiel jemand diese Lösung vorgeschlagen, wäre das auf jeden Fall akzeptiert worden!!! Viele Grüße, Markus Bongardt