Die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs

Der Vergütungsanspruch ist das eine, doch wie stellen Sie als Anwalt sicher, dass Sie wirklich Ihr wohl verdientes Geld sehen? Wir geben Ihnen in einer Artikelserie Tipps, die Ihnen bei der Geltendmachung Ihres Anspruchs helfen. Heute geht es um: Vorschuss, Fälligkeit, Gebührenteilung, Abtretung, Aufrechnung, und Verjährung.

1. Vorschuss, Vorschussberechtigung des Rechtsanwalts

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Jeder Rechtsanwalt, gleich in welcher Rechtssache tätig, kann von seinem Auftraggeber nach freiem Ermessen und weiter gehend als nach § 669 BGB für die entstandenen und die voraussichtlich noch entstehenden Gebühren und Auslagen, ggf. mehrfach, einen angemessenen Vorschuss fordern (§ 9 RVG).

Das Vorschussrecht besteht auch, wenn nichts anderes vereinbart wurde, für ein vereinbartes Honorar. Angemessen ist der Vorschuss, der die gesamte bereits entstandene und voraussichtlich zukünftig noch entstehende Vergütung abdeckt.

Bei Rahmengebühren darf allerdings nicht die Höchstgebühr als Vorschuss gefordert werden, wenn sich noch nicht übersehen lässt, ob der tatsächliche Aufwand der Mandatserfüllung diese Gebührenhöhe rechtfertigt. Ergibt sich im Laufe der Bearbeitung einer Rechtssache, dass ein verlangter und bezahlter Vorschuss zu gering bemessen war, kann weiterer Vorschuss gefordert werden.

 

Rechtsanwälte als Vereinsvorstand (§ 27 Abs. 3 BGB), Vereinsliquidator (§ 48 Abs. 2 BGB), geschäftsführender Gesellschafter (§ 713 BGB), Betreuer (§ 1908i BGB), Vormund und Gegenvormund (§ 1835 BGB) und Pfleger (§ 1915 BGB) haben ein gesetzliches Vorschussrecht aus § 669 BGB (nicht aber als Testamentsvollstrecker: § 2218 BGB) und können den Vorschuss dem von ihnen verwalteten Vermögen entnehmen (§§ 1795 Abs. 2, 181 BGB).

Einer Mitteilung der Berechnung des Vorschusses nach § 10 RVG bedarf es nicht. Der Rechtsanwalt darf die Übernahme des Mandats und ein Tätigwerden von der Zahlung dieses angemessenen Vorschusses abhängig machen, er muss allerdings im Falle anstehender Fristen oder dringlicher Arbeiten den Auftraggeber auf drohende Nachteile hinweisen und die Ablehnung des Auftrags unverzüglich erklären (§ 44 BORA).

Nimmt der Rechtsanwalt den Auftrag an und verlangt gleichzeitig oder später Vorschuss, dann ist er zur Wahrung der Interessen des Auftraggebers und damit mindestens zur Ausführung dringlicher Arbeiten und Wahrung von Fristen auch schon vor Vorschussleistung verpflichtet; er kann aber, wenn auch nicht zur Unzeit und nur wenn er dies angekündigt hat, nach beharrlicher Nichtzahlung das Mandat kündigen.

Der PKH-Anwalt und der Pflichtverteidiger – dieser auch für die Pauschgebühr des § 51 RVG – können von der Staatskasse lediglich für entstandene Gebühren, aber auch für entstandene und voraussichtlich noch entstehende Auslagen einen angemessenen Vorschuss fordern (§ 47 Abs. 1 Satz 1 RVG). Derin § 47 Abs. 1 Satz 2 RVG genannte beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt kann Vorschuss von der Person verlangen, für die er beigeordnet oder bestellt war (§§ 39, 40 RVG), von der Staatskasse aber nur, wenn der zur Zahlung Verpflichtete mit der Zahlung des Vorschusses in Verzug ist.

Wann hat der Rechtsanwalt kein Recht auf Vorschuss?

Das Vorschussrecht steht auch dem nach § 78b ZPO beigeordneten Rechtsanwalt zu, der die Übernahme der Vertretung von der Vorschusszahlung abhängig machen darf (§ 78c Abs. 2 ZPO), Letzteres gilt nicht für den nach § 625 ZPO beigeordneten Rechtsanwalt (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 BRAO). Der nach § 57 oder § 56 ZPO bestellte Prozesspfleger kann keinen Vorschuss fordern (§ 41 Satz 2 RVG). Auch der Beratungshilfeanwalt kann von der Staatskasse keinen Vorschuss fordern (§ 47 Abs. 2 RVG).

Vom Beschuldigten kann der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt keinen Vorschuss fordern (§§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 1 RVG). Vor der Bestellung bzw. Beiordnung oder trotz dieser freiwillig gezahlte Vorschüsse des Auftraggebers darf der bestellte bzw. beigeordnete Rechtsanwalt zwar behalten, muss sie sich aber gegenüber der Staatskasse anrechnen lassen (§ 58 Abs. 2 und 3 RVG).

Nach Eintritt der Fälligkeit (§ 8 Abs. 1 RVG) seines Vergütungsanspruchs ist der Rechtsanwalt zu alsbaldiger Erteilung einer Berechnung nach § 10 RVG und Verrechnung der erhaltenen Vorschüsse und Auskehrung einer etwaigen Überzahlung verpflichtet (§ 23 BORA). Dabei kann sich eine Verzinsungspflicht des Anwalts ergeben.

Vorschüsse auf Gebühren unterliegen bereits im Zeitpunkt ihres Eingangs der Umsatz- und der Einkommensteuer. Zur Vermeidung einer Doppelzahlung sollte die Vorschussanforderung des Anwalts bereits die darauf zu entrichtende Umsatzsteuer ausweisen.

2. Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung

Die Vergütung des Rechtsanwalts wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist und außerdem, wenn der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig ist, mit Ergehen einer Kostenentscheidung oder mit Beendigung des Rechtszugs oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht (§ 8 Abs. 1 RVG).

Das länger als dreimonatige Ruhen des gerichtlichen Verfahrens ist aber keine Erledigung i.S.v. § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG.

Maßgebend ist der früheste Fälligkeitstatbestand. Formfreie Vereinbarung früherer oder späterer Fälligkeit ist möglich. Erst ab Fälligkeit kann der Rechtsanwalt Wertfestsetzung (§ 33 RVG) und Vergütungsfestsetzung (§ 11 RVG) beantragen und die Vergütung berechnen (§ 10 RVG).

Mit dem Ende des Jahres, in dem Fälligkeit eingetreten ist, beginnt die Verjährung, sie wird aber im gerichtlichen Verfahren während dessen Anhängigkeit gehemmt (§ 8 Abs. 2 RVG).

3. Gebührenteilung unter den beteiligten Rechtsanwälten

Erledigen mehrere beauftragte, jeweils selbständige Rechtsanwälte gemeinschaftlich eine Rechtssache, erhält jeder Rechtsanwalt für seine Tätigkeit die volle Vergütung (§ 6 RVG). Jedem dieser Rechtsanwälte ist es untersagt, auf bei ihm hiernach entstandene Vergütung ganz oder teilweise zu verzichten (§ 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO).

Ebenso unzulässig ist im Verhältnis der Rechtsanwälte untereinander die Abgabe und die Entgegennahme eines Teils entstandener Gebühren (§ 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO).

Zulässig ist jedoch eine gegenüber dem Gesetz anderweitige Verteilung der entstandenen Gebühren unter den beteiligten Rechtsanwälten (§ 49b Abs. 3 Satz 2 und 5 BRAO), wobei aber der Verantwortlichkeit und dem Haftungsrisiko der beteiligten Rechtsanwälte Rechnung zu tragen ist und die Verteilung nach den Umständen angemessen sein muss (§ 49b Abs. 3 Satz 3 und 5 BRAO) und die anderweitige Verteilung der Gebühren nicht zur Voraussetzung der Mandatserteilung gemacht werden darf (§ 49b Abs. 3 Satz 4 BRAO).

Eine Gebührenteilungsvereinbarung ist nicht zulässig mit einem beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt (§ 49b Abs. 3 Satz 6 BRAO) und mit einem Notar (§ 17 Abs. 1 Satz 4 BNotO, § 125 GNotKG; Ausnahme: § 126 GNotKG für Mediator und Schlichter).

Eine Teilungsvereinbarung lässt den Pflichtenkreis und die Haftung jedes beteiligten Rechtsanwalts ebenso unberührt wie das Entstehen der Gebühren bei jedem beteiligten Rechtsanwalt.

4. Abtretung der anwaltlichen Vergütungsforderung

Häufig sieht sich ein Anwalt der Notwendigkeit oder auch nur dem Wunsch ausgesetzt, seine gegenüber einem Mandanten bestehende Vergütungsforderung an einen Dritten abzutreten oder sonst wie, z.B. zur Einziehung, zu übertragen, so bei Begründung, Erweiterung oder Auflösung einer Sozietät, bei Verkauf oder sonstiger Übertragung seiner Kanzlei oder auch nur, um sich bei Beweisnot als Zeuge präsentieren zu können.

Abtretung vs. Schweigepflicht/Datenschutz

Lange Zeit war im Hinblick auf Schweigepflicht (§ 43a Abs. 2 Satz 1 BRAO, § 2 BORA, § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB) und Datenschutz rechtlich unsicher, welche Modalitäten bei solcher Abtretung zu berücksichtigen waren.

Während zunächst mit dem Hinweis, der Abtretungsempfänger unterliege keiner Schweigepflicht gegenüber diesem Mandanten, eine Abtretung ohne Zustimmung des Vergütungsschuldners für schlichtweg unzulässig angesehen wurde, sah sich der Bundesgerichtshof veranlasst, dieses stringente Verbot jeglicher Abtretung für einige Berufsgruppen aufzuweichen: für den Anwalt, der bereits mit der Angelegenheit befasst war oder der die Kanzlei abwickelte, oder für eine im Anwaltsbüro beschäftigte Hilfskraft.

Sicher war stets, dass für die Vergütungsabtretung alle Vorschriften der §§ 398 ff. BGB gelten. Sicher wurde auch, dass unter Beachtung dieser Vorschriften die Abtretung an einen anderen Anwalt, auch einen emeritierten, einschränkungslos zulässig ist.

Im Übrigen wird die Materie normiert in § 49b Abs. 4 BRAO:

„Die Abtretung von Vergütungsforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an Rechtsanwälte oder rechtsanwaltliche Berufsausübungsgemeinschaften (§ 59a) ist zulässig. Im Übrigen sind Abtretung oder Übertragung nur zulässig, wenn eine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung des Mandanten vorliegt oder die Forderung rechtskräftig festgestellt ist. Vor der Einwilligung ist der Mandant über die Informationspflicht des Rechtsanwalts gegenüber dem neuen Gläubiger oder Einziehungsermächtigten aufzuklären. Der neue Gläubiger oder Einziehungsermächtigte ist in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet wie der beauftragte Rechtsanwalt.“

Gesetzliche Schweigepflicht des Anwalts

Die Abtretung an einen anderen Anwalt ist also wie bisher einschränkungslos zulässig. Das frühere Erfordernis, dass bei Abtretung an einen Nichtanwalt eine titulierte Forderung vergeblich vollstreckt wurde, ist einer bloßen Einwilligung gewichen. Dafür obliegt nunmehr jeglichem Abtretungsempfänger eine gesetzliche Schweigepflicht.

Informationspflicht des Anwalts

Die in der Neufassung normierte Informationspflicht bezieht sich auf § 402 BGB, sie muss vor der Erhebung einer Abtretungseinwilligung erfüllt werden und sie umfasst alle Details und auch die Aushändigung von Unterlagen, die der neue Gläubiger oder Einziehungsermächtigte benötigt, um die Forderung geltend zu machen.

Eine Unterlassung rechtzeitiger Information beeinflusst zwar nicht unmittelbar die Gültigkeit der Abtretung, sie ist aber jedenfalls eine Berufswidrigkeit (mit der Gefahr berufsrechtlicher Ahndung) und sie kann den abtretenden Anwalt schadensersatzpflichtig machen.

Nichtige Abtretung der anwaltlichen Vergütungsforderung

Eine Abtretung der Vergütungsforderung ist nicht zulässig und daher nichtig, wenn sie vertraglich ausgeschlossen wurde (§ 399 BGB zweite Alternative) oder wenn sich ein Abtretungsverbot aus den Umständen ergibt, was z.B. dann der Fall sein kann, wenn zwischen Anwalt und Mandant ein sehr persönliches Vertrauensverhältnis bezüglich des Mandatsgegenstands besteht (Familiensache, Arzthaftung).

Die Abtretung einer dem Anwalt gegen die Staatskasse zustehenden PKH-Vergütungsforderung ist dagegen zulässig, diese Forderung ist nicht höchstpersönlich.

Die Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs ist im Kostenfestsetzungsverfahren nur und erst nach Umschreibung des Titels zu beachten.

Einwilligung des Mandanten

Die Einwilligung des Mandanten kann allgemein und für alle Fälle gültig erklärt werden oder auf einen Einzelfall bezogen sein. Sie muss ausdrücklich sein und der – einseitigen – Schriftform (§ 126 BGB) genügen, sie darf nicht in vorformulierten Mandatsbedingungen enthalten sein, die dem Überraschungseinwand (§ 305c BGB) ausgesetzt sein können.

Die wirksam erteilte Zustimmung des Mandanten zur Abtretung von Vergütungsansprüchen beinhaltet aber noch nicht ein Einverständnis des Mandanten mit der Delegierung des Billigkeitsermessens zur Bestimmung einer Rahmengebühr an den Abtretungsempfänger.

Abtretungsempfänger

Dem Anwalt als Abtretungsempfänger steht gleich eine rechtsanwaltliche Berufsausübungsgemeinschaft (§ 59a BRAO), auch die Bürogemeinschaft (§ 59a Abs. 3 BRAO).

Die Beweislast für das Vorliegen der Abtretungserfordernisse obliegt demjenigen, der sich auf eine Gültigkeit der Abtretung beruft.

Tod des anwaltlichen Altgläubigers

All dies gilt nach dem Wortlaut von § 49b Abs. 4 BRAO auch, wenn nicht der anwaltliche Altgläubiger die Vergütungsforderung abtritt, sondern nach seinem Tod seine nichtanwaltlichen Erben, wie auch aus § 203 Abs. 3 Satz 3 StGB geschlossen werden kann.

 

Praxistipp:

Die dargestellten Behinderungen der Wirksamkeit einer Abtretung der Vergütungsforderung legen die Überlegung nahe, dass der Anwalt, sollte sich je eine Notwendigkeit oder der Wunsch einer Abtretung ergeben, sich vor oder bei Entgegennahme des Mandats ein ausdrückliches Einverständnis des Mandanten mit solcher zukünftiger Abtretung unterschreiben lässt.

 

Rechnungserteilung

Die abgetretene Vergütungsforderung braucht noch nicht fällig zu sein. Sie kann aber erst nach Rechnungserteilung geltend gemacht werden (§ 10 RVG). Hat der abtretende Anwalt noch keine Rechnung erteilt und kann er sie auch nicht nachholen, dann kann sie noch vom Abtretungsempfänger erteilt und unterschrieben werden, allerdings nur, wenn dieser selbst Anwalt ist. Der nichtanwaltliche Abtretungsempfänger muss deshalb hierfür einen anderen Anwalt mandatieren, oder die Rechtsanwaltskammer muss einen Vertreter oder Abwickler bestellen, wenn nicht der Vergütungsschuldner zu einem Verzicht auf Rechnungserteilung bewogen werden kann.

Pfändbarkeit der anwaltlichen Vergütungsforderung

Trotz der eine Abtretung der anwaltlichen Vergütungsforderung beengenden Modalitäten ist diese Forderung pfändbar.

Die Abtretung verpflichtet den Abtretenden, dem neuen Gläubiger die zum Beweis der Forderung dienenden Unterlagen auszuhändigen (§ 402 BGB). Damit ist aber noch nicht gedeckt eine Überlassung der gesamten Handakte. Insoweit endet die Schweigepflicht erst im Vergütungsprozess.

5. Aufrechnung der anwaltlichen Vergütung

Hat der vergütungspflichtige Mandant gegen den Anwalt einen Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrags, sei es aus dem Anwalt zugeflossener

  • Zahlung des Gegners oder eines Dritten auf dem Mandanten zustehende Hauptsumme, Zinsen oder Kostenerstattung,
  • Verwertung von Gegenständen, insbesondere Treugut,
  • Rückzahlung der Staatskasse auf Überzahlung vom Mandanten geleisteter Gerichtskostenvorschüsse,
  • vom Mandanten in anderer Angelegenheit überzahlter Anwaltskostenvorschüsse,

dann kann der Anwalt gegen diesen Zahlungsanspruch mit seiner eigenen Vergütungsforderung einschließlich deren Vorschuss (Gebühren und Auslagen) aufrechnen. Voraussetzung solcher Aufrechnung ist nach § 387 BGB:

  • Gegenseitigkeit der Forderungen, also Vergütungsanspruch des Anwalts gegen den Mandanten gegen dessen Forderung gegen den Anwalt,
  • Gleichartigkeit beider Forderungen, also beide auf Geld gerichtet,
  • nach § 8 Abs. 1 RVG eingetretene Fälligkeit des anwaltlichen Vergütungsanspruchs (der Anspruch des Mandanten braucht noch nicht fällig zu sein, der anwaltliche Vorschussanspruch wird mit seiner Geltendmachung fällig,
  • mindestens gleichzeitige Mitteilung einer § 10 RVG genügenden Berechnung, wenn mit der darin berechneten Vergütung aufgerechnet wird,
  • unbedingte und zeitfreie Erklärung der Aufrechnung seitens des Anwalts gegenüber dem Mandanten, § 388 BGB.

Eine Aufrechnung gegen Fremdgeld kann unzulässig sein.

Die Aufrechnungslage zwischen der Vergütung des Rechtsanwalts und dem Anspruch des Mandanten auf Herausgabe eingezogener Gelder entsteht frühestens, wenn der Rechtsanwalt das Geld in Empfang genommen hat.

Mit einer bereits verjährten oder sonst einredebehafteten Vergütungsforderung kann der Anwalt nicht aufrechnen, § 390 BGB. Bei Prüfung der Verjährung sollten die Vorschriften über deren Hemmung beachtet werden (§§ 203–213 BGB; § 8 Abs. 2 und 7 RVG).

Ferner ist zu beachten, dass die Verjährung dann eine Aufrechnung nicht ausschließt, wenn der anwaltliche Vergütungsanspruch und die Aufrechnungsbefugnis bereits vor Eintritt der Verjährung entstanden waren, § 215 BGB.

Der Anwalt darf ferner nicht aufrechnen gegen eine unpfändbare Forderung, § 394 Satz 1 BGB. Pfändungsschutz besteht z.B. nach §§ 850 ff. ZPO für Arbeitseinkommen, was der Anwalt bei von ihm beigetriebenen Löhnen und Gehältern beachten muss.

Ist Mandant eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, muss bei der Aufrechnung § 395 BGB beachtet werden (keine Aufrechnung bei verschiedenen stationes fisci).

Eine Aufrechnung ist schließlich nicht zulässig gegen zweckgebundene Gelder, die der Mandant oder ein Dritter an den Anwalt gezahlt hat zur Weiterleitung bzw. treuhänderischen Verwahrung:

  • als Gerichtskostenvorschuss, als Vorschuss für Zeugen und Sachverständige,
  • als Sicherheitsleistung zur Abwendung gegnerischer Zwangsvollstreckung oder sonstiger Nachteile, z.B. zur Haftverschonung oder als Kaution,
  • als Sicherheitsleistung des Gegners zur Abwendung eigener Zwangsvollstreckung,
  • zur Befriedigung des Gegners.

Das Aufrechnungsverbot entfällt, sobald die Zweckbindung geendet hat, z.B. wenn nicht verbrauchte Vorschüsse oder Kautionen oder sonstige Überzahlungen zurückgezahlt werden. Eine Erfüllungszahlung des Gegners an den inkassobevollmächtigten Anwalt bedeutet für sich jedoch noch keine die Aufrechnung hindernde Zweckbestimmung. Gegen dem Anwalt zugeflossene und dem Mandanten zustehende Unterhaltsleistungen allerdings darf nur im Rahmen von § 850b ZPO aufgerechnet werden.

Die Aufrechnung kann letztlich ausgeschlossen werden durch rechtsgeschäftliche, auch stillschweigend oder konkludent mögliche Vereinbarung des Mandanten mit dem Anwalt, wofür die Beweislast dem Mandanten obliegt.

Der Mandant kann die vom Anwalt erklärte Aufrechnung nicht dadurch unterlaufen, dass er seinerseits mit einer anderen Forderung aufrechnet.

Eine Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis der Staatskasse gegenüber dem Anwalt, dem der Mandant einen Erstattungsanspruch abgetreten hat, enthält § 43 RVG.

Stehen sich mehrere aufrechnungsgeeignete Forderungen gegenüber, muss der aufrechnende Anwalt die Forderungen konkretisieren, die gegeneinander aufgerechnet werden, § 396 Abs. 1 BGB, andernfalls § 366 Abs. 2 BGB gilt („fällig, sicher aber lästig ist ein älteres Verhältnis“).

Schuldet der Anwalt dem Mandanten außer der Hauptleistung auch noch Zinsen und Kosten, so ergreift seine Aufrechnung zunächst die Kosten, dann die Zinsen und erst zuletzt die Hauptleistung; eine andere Anrechnungsbestimmung des Anwalts berechtigt den Mandanten, der Aufrechnung zu widersprechen, §§ 396 Abs. 2, 367 BGB.

Der Anwaltsvertreter (§ 53 BRAO) und der Kanzleiabwickler (§ 55 BRAO) können mit ihrem Vergütungsanspruch nur während ihrer Bestellung aufrechnen, auch wenn zwischenzeitlich das (Nachlass-)Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vertretenen eröffnet worden sein sollte.

6. Zurückbehaltung, Zurückbehaltungsrecht an Geldforderungen des Mandanten

Hat der Anwalt aus demselben Mandat, auf dem seine Verpflichtung zur Herausgabe von Geldbeträgen beruht, einen fälligen Vergütungsanspruch gegen den Mandanten, so kann er, sofern sich aus dem Mandat oder den Umständen nichts anderes ergibt, die Geldherausgabe so lange verweigern, bis seine Vergütungsforderung beglichen ist, § 273 Abs. 1 BGB. Voraussetzung solchen Zurückbehaltungsrechts ist also

  • das Bestehen einer Forderung des Mandanten gegen den Anwalt und das Bestehen einer Vergütungsforderung des Anwalts gegen diesen Mandanten (Gegenseitigkeit),
  • das Entstehen beider Forderungen aus dem selben Mandat (Konnexität), Vergütungsansprüche aus anderen Mandaten dieses Mandanten rechtfertigen ein Zurückbehaltungsrecht also nicht,
  • eingetretene Fälligkeit und Mitteilung der Berechnung der anwaltlichen Vergütungsforderung.

Ist die anwaltliche Vergütungsforderung bereits verjährt, gelten auch für das Zurückbehaltungsrecht die Vorschriften der §§ 390 und 215 BGB.

Das Bestehen eines gesetzlichen oder sich aus den Umständen ergebenden Aufrechnungsverbots bedeutet an sich noch nicht auch einen Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts. Denn die Aufrechnung ist ein zum Erlöschen der Ansprüche führendes Rechtsgeschäft, während die Zurückbehaltung nur eine auf Anspruchsicherung zielende aufschiebende Einrede begründet.

Dennoch kann sich aus dem Zweck eines Aufrechnungsverbots ergeben, dass es neben der Aufrechnung auch die Zurückbehaltung erfassen soll, nämlich insbesondere dann, wenn die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts einen der verbotenen Aufrechnung gleichkommenden Erfolg haben würde.

Das ist dann der Fall, wenn beide Forderungen auf Geld gerichtet sind, denn dann bewirkt die Zurückbehaltung in Wahrheit das Gleiche wie eine Aufrechnung.

Zurückbehaltungsrecht an Handakten des Anwalts

Der Anwalt kann seinem Mandanten die Herausgabe der von ihm, sei es auch elektronisch, angelegten Handakten so lange verweigern, bis er wegen seiner Vergütung aus derjenigen Rechtssache befriedigt ist, derentwegen die Handakten angelegt wurden, § 50 Abs. 3 Satz 1 BRAO.

Zu den Handakten in diesem Sinn gehören alle Schriftstücke, die der Anwalt aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit im Lauf dieses Mandats vom Mandanten oder für ihn erhalten hat, nicht aber der Briefwechsel mit dem Mandanten und die Schriftstücke, die der Mandant bereits in Urschrift, Abschrift oder Kopie erhalten hat, § 50 Abs. 4 BRAO.

Das Zurückbehaltungsrecht setzt auch hier – neben Gegenseitigkeit und Konnexität – Fälligkeit (§ 8 RVG) und Mitteilung der Berechnung (§ 10 RVG) der anwaltlichen, noch nicht erfüllten Vergütungsforderung voraus, es besteht auch wegen des Vorschussanspruchs aus § 9 RVG.

Ein Zurückbehaltungsrecht besteht aber nicht, soweit die Vorenthaltung der Handakten oder einzelner Schriftstücke nach den Umständen unangemessen wäre, insbesondere gegen Treu und Glauben verstoßen würde, § 50 Abs. 3 Satz 2 BRAO. Es darf also nicht an solchen Bestandteilen der Handakten ausgeübt werden, deren Vorenthaltung dem Mandanten einen unverhältnismäßig hohen, auch unter Würdigung der Interessen des Anwalts nicht zu rechtfertigenden Nachteil zufügen würde.

Das ist z.B. der Fall bei relativer Geringfügigkeit der geschuldeten Vergütung oder wenn dem Mandanten aus der Vorenthaltung unverhältnismäßige und nicht mehr wiedergutzumachende Nachteile, z.B. wegen Fristversäumung, erwachsen würden oder wenn, z.B. bei Vorenthaltung eines Unterhalts- oder Schadensersatztitels, der Mandant in Not geraten würde.

Dem berechtigten Interesse des Mandanten auf Herausgabe der Handakten kann der Anwalt dadurch Rechnung tragen, dass er ihm Kopien überlässt, es sei denn, das berechtigte Interesse richtet sich gerade auf die Herausgabe der Originale, z.B. von Vollstreckungstiteln. In letzterem Fall darf der Anwalt anbieten, die Originale an einen vom Mandanten zu beauftragenden anderen Anwalt zu dessen treuen Händen herauszugeben, wenn damit dem berechtigten Interesse des Mandanten Rechnung getragen wird, § 17 BORA. Er kann den Mandanten stattdessen in einschlägigen Fällen auch auf das Einsichtsrecht aus § 810 BGB verweisen.

Das Zurückbehaltungsrecht an Handakten besteht auch gegenüber einem anwaltlichen Nachfolger im Mandat, es wird durch eine Kollegialitätspflicht diesem gegenüber nicht eingeschränkt.

Anders als das allgemeine Zurückbehaltungsrecht des § 273 BGB kann das durch § 50 BRAO gewährte Zurückbehaltungsrecht an den Handakten nicht durch Sicherheitsleistung abgewendet werden.

Das Zurückbehaltungsrecht erstreckt sich aber nicht auf die vom Mandanten dem Anwalt erteilte Vollmachtsurkunde (§ 175 BGB) und auch nicht auf Ausweispapiere des Mandanten.

7. Verjährung der Rechtsanwaltsvergütung

Der Vergütungsanspruch des Anwalts verjährt in drei Jahren (§ 195 BGB). Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Ihr Lauf ist – anders als bei Ärzten: § 12 Abs. 1 GOÄ – von der Erteilung der Kostenrechnung nicht abhängig (§ 10 Abs. 1 Satz 2 RVG).

Sie kann formfrei verkürzt oder verlängert werden in den Grenzen des § 202 BGB. Rechtskräftig titulierte Ansprüche verjähren erst in 30 Jahren (§ 197 BGB), ohne dass es allerdings deren gerichtlicher Festsetzung bedarf.

Die Verjährungsfrist des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs aufgrund einer rechtskräftigen Kostengrundentscheidung beträgt ebenfalls 30 Jahre.

Verjährungsbeginn und Verjährungshemmung des Pflichtverteidigeranspruchs gegen den Mandanten sind in § 52 Abs. 5 RVG gesondert geregelt.

Hemmung der Verjährung

Die Verjährung der Vergütung, die der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit in gerichtlichen Verfahren erhält, wird während der Anhängigkeit des Verfahrens gehemmt (§ 8 Abs. 2 Satz 1 RVG). Die Hemmung endet erst mit der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens (§ 8 Abs. 2 Satz 2 RVG).

Wird das Verfahren nicht betrieben, so endet die Hemmung drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit (§ 8 Abs. 2 Satz 3 RVG), beginnt mit Weiterbetreibung aber erneut. Im Übrigen wird die Verjährung nach Maßgabe der §§ 203, 204 BGB und ferner durch Vergütungsfestsetzungsantrag (§ 11 Abs. 7 RVG) gehemmt. Die Verjährung beginnt erneut mit Anerkenntnis des Mandanten oder einer Vollstreckungshandlung (§ 212 BGB).

Verjährung der Ansprüche auf Zahlung und Rückerstattung von Gerichts- und Notarkosten

Ansprüche auf Zahlung und Rückerstattung von Gerichts- und Notarkosten verjähren in vier Kalenderjahren (§ 5 GKG, § 6 GNotKG).

Ansprüchen des Mandanten gegen den Anwalt wegen besonders grober Pflichtverletzung kann eine Einrede der Verjährung nicht entgegengehalten werden.

8. Anrechnung

Häufig gebietet das Gesetz die Anrechnung einer zunächst entstandenen Gebühr auf eine andere, später entstehende Gebühr. Solche Anrechnungsvorschriften finden sich bei folgenden Gebühren:

  • Gebühr für die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels der Nr. 2100–2103 VV RVG auf die Gebühr für das Rechtsmittelverfahren (Anm. zu Nr. 2100 und 2102 VV RVG),
  • Geschäftsgebühr der Nr. 2300 VV RVG zur Hälfte, höchstens mit 0,75 auf die Geschäftsgebühr in Güteverfahren wegen desselben Gegenstands (Anm. zu Nr. 2303 VV RVG),
  • Gebühr für die Beratung (§ 34 Abs. 2 VV RVG) und Beratungsgebühr in der Beratungshilfe der Nr. 2501 und 2502 VV RVG auf eine Gebühr für sonstige, mit der Beratungstätigkeit zusammenhängende Tätigkeit (Anm. 2 zu Nr. 2501 VV RVG),
  • Geschäftsgebühr in der Beratungshilfe der Nr. 2503–2507 VV RVG zur Hälfte auf die Gebühr für ein anschließendes Verfahren (Anm. 2 zu Nr. 2503 VV RVG),
  • Geschäftsgebühr der Nr. 2300–2303 VV RVG zur Hälfte, höchstens mit 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens wegen desselben Gegenstands (Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG); auch auf die verminderte Verfahrensgebühr der Nr. 3101 VV RVG; vertritt ein Rechtsanwalt mehrere Auftraggeber zunächst außergerichtlich und dann im gerichtlichen Verfahren, ist auch die erhöhte Geschäftsgebühr nach Nr. 2300, 1008 VV RVG auf die erhöhte Verfahrensgebühr höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 anzurechnen; die Anrechnungsregel der Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG gilt auch für die Vergütung des Prozesskostenhilfe-Anwalts, sie gilt aber nicht, wenn der Mandant vorprozessual von einem anderen Rechtsanwalt vertreten wurde,
  • Verfahrensgebühr eines selbständigen Beweisverfahrens auf die Verfahrensgebühr des gleichen Rechtszugs des Rechtsstreits wegen desselben Gegenstands (Vorbem. 3 Abs. 5 VV RVG),
  • bereits vor dem Untergericht entstandene Verfahrensgebühr auf nach Zurückverweisung vor gleichem Gericht neu entstehende Verfahrensgebühr (Vorbem. 3 Abs. 6 VV RVG), auch erhöhte Gebühren und auf eine verminderte Verfahrensgebühr,
  • Verfahrensgebühr für ein vereinfachtes Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger (§§ 249 ff. FamFG) auf die Verfahrensgebühr im nach § 255 FamFG nachfolgenden Rechtsstreit (Anm. 1 zu Nr. 3100 VV RVG),
  • Verfahrensgebühr für einen Urkunden- oder Wechselprozess auf die Verfahrensgebühr für das ordentliche Verfahren (Anm. 2 zu Nr. 3100 VV RVG),
  • Verfahrensgebühr der Nr. 3100 VV RVG für ein Vermittlungsverfahren nach § 165 FamFG auf die Verfahrensgebühr für ein sich anschließendes Verfahren (Anm. 3 zu Nr. 3100 VV RVG),
  • Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG auf eine wegen desselben Gegenstands in anderer Angelegenheit entstehende Verfahrensgebühr (Anm. 1 zu Nr. 3101 VV RVG), Gleiches gilt im Rechtszug (Anm. zu Nr. 3201 VV RVG) für besondere erstinstanzliche Verfahren (Anm. zu Nr. 3301 und 3303 VV RVG) und für die Nichtzulassungsbeschwerde (Anm. zu Nr. 3505, 3507 und 3509 VV RVG),
  • Terminsgebühr wegen nicht rechtshängiger Ansprüche nach Nr. 3104 VV RVG auf eine wegen desselben Gegenstands in anderer Angelegenheit entstehende Terminsgebühr (Anm. 2 zu Nr. 3104 VV RVG), Gleiches gilt auch im Rechtszug (Anm. 1 zu Nr. 3202 VV RVG und Anm. zu Nr. 3210 VV RVG),
  • Mahnverfahrensgebühr der Nr. 3305 und 3307 VV RVG auf die Verfahrensgebühr im nachfolgenden Rechtsstreit (Anm. zu Nr. 3305 und 3307 VV RVG),
  • Verfahrensgebühr für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung oder der Revision auf die Verfahrensgebühr für ein nachfolgendes Berufungs- oder Revisionsverfahren (Anm. zu Nr. 3504, 3506, 3511 und 3512 VV RVG),
  • im Bußgeldverfahren nach Nr. 5100 VV RVG entstandene Grundgebühr auf die Grundgebühr im Strafverfahren wegen derselben Tat (Anm. 2 zu Nr. 4100 VV RVG),
  • Verfahrensgebühr in Strafsachen für das erstinstanzliche Verfahren über vermögensrechtliche Ansprüche zu einem Drittel auf die Verfahrensgebühr im bürgerlichen Rechtsstreit wegen desselben Gegenstands (Anm. 2 zu Nr. 4143 VV RVG),
  • Gebühren für Einzeltätigkeiten in Straf- und Bußgeldsachen auf die Verteidigergebühren (Vorbem. 4.3 Abs. 4 VV RVG, Anm. 3 zu Nr. 5200 VV RVG),
  • Verfahrensgebühr vor dem EuGH auf die Verfahrensgebühr im Ausgangsverfahren (§ 38 Abs. 3 RVG),
  • Vorschüsse und anderweitige Zahlungen auf die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung (§ 58 RVG).

Auf die Verfahrensgebühr nicht angerechnet wird eine für vorgerichtliche Tätigkeit vereinbarte Vergütung.

In derselben Angelegenheit kann der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal fordern (§ 15 Abs. 2 Satz 1 RVG); mehrfach entstehende gleiche Gebühren sind deshalb aufeinander anzurechnen, jede Einzelgebühr entgilt die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts von der Erteilung des Auftrags bis zur Erledigung der Angelegenheit (§ 15 Abs. 1 RVG).

Werden dem Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit mehrere Einzelaufträge, auch mehrerer Auftraggeber, hintereinander erteilt, entstehen gleiche Gebühren nur einmal (§ 15 Abs. 5 Satz 1 RVG). Jede mehrfach entstehende, aber nur einmal berechenbare Gebühr wird aus dem höchsten Gegenstandswert der Angelegenheit (§§ 20 ff. RVG) und mit ihrem Höchstsatz (§ 15 Abs. 3 RVG) bestimmt.

Jeder Rechtszug ist in vorstehendem Sinn aber eine besondere Angelegenheit (§ 15 Abs. 2 Satz 2 RVG). Im Übrigen wird die Abgrenzung einer Angelegenheit in den §§ 16 ff. RVG und die Abgrenzung des Rechtszugs in den §§ 20 f. RVG geregelt.

Durchführung der Anrechnung

Schreibt das RVG die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, dann kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren (§ 15a Abs. 1 RVG). Diese an sich selbstverständliche, am 05.08.2009 in Kraft getretene Klarstellung des Gesetzgebers bedeutet:

  • Die nachgerade unübersichtlich gewordene Rechtsprechung des BGH in den letzten Jahren und der ihr folgenden Instanzgerichte zum Thema „Anrechnung“ ist in weiten Teilen überholt. Vielmehr wurde die zuvor allgemein geltende Rechtsmeinung wiederhergestellt.
  • Die Regel gilt für jegliche Anrechnung einer jeglichen Gebühr, gleich wann sie entstanden ist (auch vor dem 05.08.2009), gleich bei wem sie entstanden ist, sowohl beim Wahlanwalt wie beim beigeordneten Anwalt. Sie gilt auch für mehr als zwei hintereinander entstandene Gebühren.
  • Sie gilt nicht, wenn statt einer gesetzlichen Gebühr eine anderweitige Vergütung vereinbart wurde.
  • Ebenso wenig ist bei einem Anwaltswechsel die beim ersten Anwalt entstandene Gebühr auf die beim zweiten Anwalt für eine weitere Tätigkeit entstandene Gebühr anzurechnen.
  • Keine der aufeinander anzurechnenden Gebühren wird durch die Anrechnung reduziert. Der Anwalt kann alle entstandenen Gebühren in voller Höhe geltend machen, er kann nur – bei Meidung einer strafbaren Gebührenüberhebung – insgesamt nicht mehr verlangen, als ihm letztlich unter Berücksichtigung der Anrechnung(en) zusteht.
  • Kann eine anzurechnende Gebühr wegen Verjährungseinrede oder aus sonstigen Gründen nicht mehr geltend gemacht werden, unterbleibt deren Anrechnung.
  • Der Anwalt hat für die Geltendmachung seiner Gebühren ein Wahlrecht. Er kann den anzurechnenden Betrag bei Geltendmachung aller entstandenen Gebühren ganz oder anteilig abziehen, bei Anspruch gegen mehrere Schuldner kann er sich den oder die in Anspruch zu nehmenden aussuchen. Er muss nur darauf achten, insgesamt nicht mehr zu verlangen (nicht nur einzunehmen!) als den nach Abzug des Anrechnungsbetrags verbleibenden Gesamtbetrag. Ein Dritter kann sich zu seinen Gunsten nicht auf die vom Anwalt getroffene Anrechnungswahl berufen oder von sich aus Art und Umfang der Anrechnung verlangen.
  • Auch der Mandant hat wegen seines materiell-rechtlichen Ersatzanspruchs für die außergerichtliche Gebühr und den prozessualen Erstattungsanspruch ein Wahlrecht, ob und in welcher Höhe er welche Gebühr geltend macht. Zu empfehlen ist allerdings, die außergerichtliche Gebühr in voller Höhe und dann die Verfahrensgebühr nur gekürzt geltend zu machen. Da eine außergerichtliche Gebühr allerdings nicht festsetzungsfähig ist, muss ihr Ersatz gegen den Schuldner gesondert im laufenden Rechtsstreit, in dem dann die Verfahrensgebühr entsteht, oder in einem späteren Rechtsstreit geltend gemacht werden, im letzteren Fall allerdings mit dem Risiko aus § 93 ZPO.
  • Im PKH-Verfahren ist eine Anrechnungsvorschrift erst zu beachten, wenn und soweit der Anwalt eine die – fiktive – Wahlanwaltsvergütung übersteigende Zahlung erhalten hat (§ 58 RVG).
  • Wird in einem gerichtlichen Vergleich die Erstattung u.a. einer anzurechnenden Gebühr vereinbart, ohne dass diese Gebühr betragsmäßig bereits im Rechtsstreit geltend gemacht oder im Vergleich beziffert wurde, kommt eine Berücksichtigung der Anrechnung im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren nicht in Betracht.

Die vorstehende Darstellung der Regelung des § 15a RVG gilt für die Rechtsbeziehung zwischen Anwalt und seinem Schuldner, sei dies sein Auftraggeber, sei es ein anderer Zahlungspflichtiger an Stelle oder neben Letzterem (z.B. Eltern, Haftpflicht- oder Rechtsschutzversicherung oder, im Bereich der Verfahrenskostenhilfe, die Staatskasse. Eine Gebührenanrechnung wirkt sich im Verhältnis zu Dritten aber nicht aus.

Beantragt der Anwalt eine Festsetzung seiner im Prozess entstandenen Vergütung gegen den eigenen Mandanten (§ 11 RVG), dann kann er dabei die in diesem Verfahren entstandene Verfahrensgebühr, auf die eine zuvor entstandene andere Gebühr anzurechnen ist, nicht ansetzen, wenn der Mandant an ihn bereits mehr als den nach Anrechnung verbleibenden Teil der Verfahrensgebühr bezahlt hat. Wird die Verfahrensgebühr voll festgesetzt, kann er insgesamt vom Mandanten nur Zahlung der Summe der anzurechnenden Gebühr und des nach Anrechnung verbleibenden Teils der anderen Gebühr verlangen.

Verlangt der Anwalt Gebühren unter Missachtung einer Anrechnungsvorschrift, setzt er sich der Gefahr einer strafrechtlichen Ahndung wegen Gebührenüberhebung (§ 352 StGB) aus.

9. Die Zwei-Jahres-Frist des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG

„Ist der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und … Anrechnungen von Gebühren entfallen.“

Mit dieser Regelung des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG anerkennt der Gesetzgeber, dass der Anwalt, wenn eine an sich erledigte Rechtssache nach langer Zeit wieder auflebt, sich erneut umfassend einarbeiten und zudem oft vorrangig noch den Anlass des Wiederauflebens prüfen muss. Dann sollen die Regeln über „dieselbe Angelegenheit“ in § 15 Abs. 5 Satz 1 RVG nicht gelten; es wird jedenfalls für die weitere Anwaltstätigkeit eine neue Angelegenheit fingiert mit der Folge, dass die allgemeine Vorschrift, wonach in derselben Angelegenheit Gebühren nur einmal entstehen können, in einem solchen Fall nicht gilt.

Für die weitere Tätigkeit des Anwalts wird dann zwar bei unmittelbarer Anwendung des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG ein neuer Auftrag erfordert. Die gesetzliche Regelung ist aber auch dann analog anzuwenden, wenn der weiteren Tätigkeit kein neuer Auftrag vorausging, so z.B. dann, wenn die Erledigung nicht durch eine gerichtliche Entscheidung eintritt, sondern durch Abschluss eines Vergleichs und dieser nach Ablauf zweier Kalenderjahre angefochten wird mit der Folge einer Fortsetzung des Verfahrens in gleicher Instanz, denn auch ein Prozessvergleich beendet die Rechtssache.

Gleiches gilt, wenn

  • eine gerichtliche Entscheidung aufgehoben und die Rechtssache an die frühere Instanz zurückverwiesen wird, wenn zwischen dem Ende des ersten Verfahrens und dem Beginn des zweiten Verfahrens (in gleicher Instanz) mehr als zwei Kalenderjahre liegen; § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG ist dann lex specialis gegenüber § 21 Abs. 1 RVG; oder
  • zwischen Erledigung des Mahnverfahrens und dem nachfolgenden Rechtsstreit mehr als zwei Kalenderjahre verstrichen sind oder
  • nach Beendigung eines selbständigen Beweisverfahrens mehr als zwei Kalenderjahre vergehen, bis das Hauptsacheverfahren eingeleitet wird.

Zweifelhaft könnte allerdings sein, ob der Ausschluss einer Anrechnung auch dann gilt, wenn innerhalb der Zwei-Jahres-Frist der Anwalt in gleicher Angelegenheit weiter tätig ist, z.B. außergerichtliche Verhandlungen über eine anderweitige Beilegung der Sache führt.

In allen oben genannten Fällen entstehen erneut Gebühren und es unterbleibt die Anrechnung früher entstandener Gebühren auf die neu entstehenden Gebühren, auch die nach Vorbem. 3 Abs. 6 RVG.

Die analoge Anwendung des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG gilt aber nicht, wenn ein Verfahren ausgesetzt wurde oder ruhte und erst nach langer Zeit fortgesetzt wird.

§ 15 Abs. 5 Satz 2 RVG ist auch dann nicht anwendbar, wenn im Verlauf einer Rechtssache der Auftrag dem Anwalt entzogen und nach mehr als zwei Kalenderjahren neu erteilt wurde, denn dann wurde der frühere Auftrag nicht im Sinne des Gesetzes erledigt. Erledigt i.S.v. § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG ist ein Auftrag entgegen verbreiteter Auffassung nicht immer schon dann, wenn die Vergütung fällig geworden ist, denn Fälligkeit tritt nach § 8 Abs. 1 Satz 2 RVG auch ein, wenn, ohne dass der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist, eine gerichtliche Kostenentscheidung ergangen ist oder das Verfahren länger als drei Monate ruht.

Erledigt ist der frühere Auftrag vielmehr nur dann, wenn zur Förderung der Angelegenheit keine weitere Tätigkeit des Anwalts mehr erforderlich ist und erfolgt.

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