Der zweite Teil unserer Serie zum Thema „Vergütungsanspruch geltend machen“: Heute erfahren Sie, was es schon bei der Rechnungsstellung und der Festsetzung zu beachten gibt.
Schon bei der Rechnungsstellung die Weichen stellen
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Mit Eintritt der Fälligkeit nach § 8 Abs. 2 RVG, spätestens mit Beendigung des Mandats, ist der Rechtsanwalt verpflichtet, dem Mandanten und/oder Vergütungsschuldner unverzüglich eine Abrechnung (§ 10 RVG) zu erteilen, wenn er Fremdgelder (§ 4 BORA) oder Vergütungsvorschüsse (§ 9 RVG) erhalten hat oder aufrechnen will (§ 23 BORA).
Er kann die noch offene Vergütung nur aufgrund einer schriftlichen, von ihm unterzeichneten (§ 126 Abs. 1 BGB) und dem Auftraggeber übermittelten [1]) Berechnung fordern (§ 10 Abs. 1 Satz 1 RVG). Gleiches gilt für Aufrechnung und Zurückbehaltung. Unterzeichnung durch einen Sozius (§ 59a BRAO), einen allgemeinen Vertreter (§ 53 BRAO), einen Abwickler (§ 55 BRAO) oder Zessionar genügt. Die schriftliche Form kann durch die elektrische Form (§ 126a Abs. 1 BGB) ersetzt werden (§ 126 Abs. 3 BGB).
Inhalt der Anwaltsrechnung
In der Berechnung sind gesondert die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen sowie erhaltene Vorschüsse einschließlich gesonderten Ausweises der Umsatzsteuer anzugeben. Unverzichtbar ist eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands, die getrennte Bezeichnung der Auslagen und der angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses. Eine detaillierte Zitierung („Anm. … zu …“) ist nicht erforderlich. Es reicht die Angabe der einschlägigen Nummer des Vergütungsverzeichnisses.
Bei Gebühren, die nach dem Gegenstandswert berechnet sind, ist auch dieser anzugeben, bei Rahmengebühren auch der vom Rechtsanwalt bestimmte Satz bzw. Betrag. Bei Post- und Telekommunikationsdienstentgelten genügt die Angabe des Gesamtbetrags (§ 10 Abs. 2 Satz 2 RVG).
Wegen weiterer Erfordernisse für Erstellung und Aufbewahrung von Rechnungen sei auf die Vorschriften der §§ 14 ff. UStG hingewiesen. Hiernach bedarf jede anwaltliche Kostenberechnung einer fortlaufenden Rechnungsnummer, der Angabe der Steuernummer und der Identifikationsnummer und der Angabe des Zeitpunkts oder Zeitraums der Leistung, und der Rechtsanwalt muss Kopien oder Durchschriften der Rechnungen gesondert und zehn Jahre lang aufbewahren.
Die verschärften Formerfordernisse gelten nicht
- bei Kleinbeträgen bis 100 €,
- für Kosten- und Vergütungsfestsetzungsanträge,
- für Anträge auf Festsetzung der Vergütung für Beratungshilfe oder Prozesskostenhilfe,
- für Kostenberechnungen gegenüber der Rechtsschutzversicherung des Mandanten oder der Haftpflichtversicherung des Gegners.
Mitteilung der Berechnung
Auch nach Zahlung der Vergütung kann der Auftraggeber noch die Mitteilung der Berechnung verlangen, solange der Rechtsanwalt zur Aufbewahrung der Handakten (§ 50 Abs. 2 BRAO) verpflichtet ist (§ 10 Abs. 3 RVG), nicht aber eine Rückzahlung. Einfordern ohne Berechnung verpflichtet den Auftraggeber nicht zur Zahlung, Mahnung ohne vorherige Berechnung begründet keinen Verzug, die mitgeteilte Berechnung ist von Amts wegen zu beachtende Schlüssigkeitsvoraussetzung einer Vergütungsklage und eines Festsetzungsantrags nach § 11 RVG, nicht allerdings eines Mahnbescheidsantrags.
Falsche Berechnung
Irrtümlich falsche Berechnung oder nachträgliche Änderungen der Grundlagen (z.B. des zugrunde gelegten Gegenstandswerts) berechtigen [2]) und ggf. verpflichten zur Neuberechnung. Bewusst unrichtige Berechnung kann den Rechtsanwalt strafbar und schadensersatzpflichtig machen.
Falsche Benennung der Gebühr in gleicher Höhe
Nun kann es vorkommen, dass ein Anwalt – sei es aus Versehen, sei es aufgrund mangelhafter Kenntnis des Kostenrechts, sei es, um bei einer Rahmengebühr einer Diskussion über die von ihm bestimmte Gebührenhöhe aus dem Weg zu gehen – statt der richtigen Bezeichnung der entstandenen Gebühr in seiner Kostenrechnung eine Gebühr in gleicher Höhe unzutreffend benennt.
Beispielsweise berechnet der Anwalt, der für die beiden GbR-Gesellschafter nach schwieriger Verhandlung einen GmbH-Vertrag entwirft, statt der in angemessener Höhe von 1,5 entstandenen Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) – womöglich, je nach Umständen, nach Nr. 1008 VV RVG erhöht – eine 1,5-Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG), weil er bei der Einigung der Vertragspartner mitgewirkt habe.
Eine strafbare Gebührenüberhebung (§ 352 StGB) liegt hierin noch nicht, da der Anwalt betragsmäßig keine höhere als die entstandene Gebühr erhebt. Ist seine Kostenrechnung jedoch unwirksam, da sie den Anforderungen des § 10 Abs. 2 Satz 1 RVG – zutreffende Bezeichnung des Gebührentatbestands und der angewandten Nummer des Vergütungsverzeichnisses – nicht genügt?
§ 133 BGB (falsa demonstratio) ist nicht behelflich. Man wird die Frage bejahen müssen. Denn eine Einigungsgebühr ist nicht entstanden, weil die Verhandlung der Vertragspartner sich nicht auf ein schon bestehendes Rechtsverhältnis bezog. Aber auch deshalb, weil die entstandene Gebühr eine Rahmengebühr (0,5–2,5) ist und nach § 14 RVG der Anwalt die Höhe einer über die Höhe der Regelgebühr von 1,3 liegenden Gebühr besonders bestimmen muss.
Wenn aber die Abrechnung fehlerhaft und deshalb unwirksam ist, muss der Anwalt sie berichtigen und der Mandant braucht bis dahin nicht zu zahlen. Er hat einen Anspruch auf Erteilung einer zutreffenden Rechnung. Bezahlt der Mandant die mangelhafte Rechnung, sind zwar der Vergütungsanspruch des Anwalts und die Schuld des Mandanten erfüllt und kann eine Rückzahlung nicht verlangt werden, es besteht aber der Anspruch des Mandanten auf Erteilung einer ordnungsgemäßen Kostenrechnung weiter.
Sollte sich bei einer solchen Berichtigung eine Anwendbarkeit der Nr. 1008 VV RVG ergeben, wird dies zu einem Nachzahlungsanspruch des Anwalts führen. In der ursprünglich erteilten Rechnung kann regelmäßig kein Verzicht auf eine höhere Vergütung gesehen werden.
Umfang der Angelegenheit und sonstige Regeln
Das Einfordern der Vergütung gehört zum Rechtszug (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 14 RVG).
Die Mitteilung ist nicht vergütungspflichtig (Anm. zu Nr. 7001 VV RVG). Der Lauf der Verjährungsfrist ist von ihr nicht abhängig (§ 10 Abs. 1 Satz 2 RVG).
An die den Leistungsinhalt gem. §§ 315, 316 BGB konkretisierende Bestimmung der Höhe einer Rahmengebühr ist der Rechtsanwalt gebunden. [3])
Exkurs: Rechnungserteilung als Verzugszinserfordernis
Voraussetzung eines jeglichen Vergütungsverlangens ist zunächst die Fälligkeit der Vergütung. Hinzu kommt dann regelmäßig eine vom Gläubiger dem Schuldner erteilte Rechnung. Die Vergütung eines Arztes wird erst mit Rechnungserteilung fällig (§ 12 Abs. 1 GOÄ), der Anwalt kann seine fällige Vergütung erst mit Erteilung einer Rechnung verlangen.
Zahlt der Nichtverbraucher (vgl. § 13 BGB) den Rechnungsbetrag nicht binnen 30 Tagen nach Rechnungszugang, gerät er auch ohne Mahnung des Anwalts in Verzug (§ 286 Abs. 3 Satz 1 BGB). Gegenüber einem Verbraucher (§ 13 BGB) gilt dies nur, wenn er in der Rechnung auf diese Folge hingewiesen wurde.
Ab einem solchen Verzugseintritt schuldet der Vergütungspflichtige dem Anwalt Zinsen auf dessen Vergütung: der Nichtverbraucher i.H.v. 8 % über dem Basiszinssatz (§§ 288 Abs. 2, 247 BGB), der Verbraucher i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz (§§ 288 Abs. 1, 247 BGB).
Nun gibt es aber Fallgestaltungen, in denen nicht der Gläubiger dem Schuldner eine Rechnung zu erteilen hat, vielmehr umgekehrt der Schuldner gegenüber dem Gläubiger die Höhe der Vergütung zu bestimmen (§§ 315 ff. BGB) oder bei dessen Berechnung mitzuwirken hat.
Das ist z.B. der Fall, wenn der Anwalt zur Bestimmung des seiner Vergütung zugrunde zu legenden Gegenstandswerts auf vom Mandanten zu erteilenden Angaben angewiesen ist.
Oder wenn nur der Schuldner den Umfang der vom Gläubiger erbrachten, der Vergütungsberechnung zugrunde zu legenden Leistung quantifizieren kann, etwa eines Autors, dem der Verlag die Anzahl der abverkauften Druckschriften mitzuteilen hat. Gilt dann auch die 30-Tages-Frist? Gegebenenfalls ab wann? Man wird dies verneinen müssen, denn § 286 Abs. 3 BGB verlangt für den Beginn der Verzugseintrittsfrist, dass der Gläubiger dem Schuldner eine irgendwie geartete Mitteilung zukommen lässt, aus der sich ergibt, dass dieser einen ganz bestimmten Geldbetrag schuldet.
Verzögert der Schuldner die Mitteilung der für die Vergütungsberechnung notwendigen Umstände und damit den gesetzlichen Verzugseintritt, bleibt dem Gläubiger nur, den Schuldner wegen der Erfüllung dieser Nebenpflicht zu mahnen und bei Nichterfüllung entweder zu verklagen oder, wenn möglich, die fehlenden Umstände selbst zu schätzen und hierauf gegründet die Rechnung zu erteilen und die Verzugsfrist in Lauf zu setzen.
Tut er dies gewissenhaft, verlangt aber letztlich zu viel, hätte das der Schuldner zu vertreten und mithin keine Gegenansprüche, würde vielmehr dann mit allen Folgen bei Fristablauf in Verzug geraten.
Vergütungsfestsetzung [4]) gegen den eigenen Mandanten [5])
Sobald seine Vergütung (Gebühren und Auslagen: § 1 Abs. 1 Satz 1 RVG) fällig geworden ist (§ 8 Abs. 1 RVG) und er dem Auftraggeber die Rechnung mitgeteilt (§ 10 RVG) hat, kann der Rechtsanwalt beim erstinstanzlichen Gericht die Festsetzung seiner in einem gerichtlichen Verfahren (Anhängigkeit genügt) erworbenen gesetzlichen Vergütung (im Fall von Rahmengebühren nur bei Geltendmachung von Mindestgebühren: § 11 Abs. 8 Satz 1 RVG), einer nach § 42 RVG festgestellten Pauschgebühr und auch der nach § 670 BGB zu ersetzenden Auslagen (z.B. Vergütung für Tätigkeiten des Kanzleipersonals oder eines Gutachters) gegen den Zahlungspflichtigen beantragen (§ 11 RVG).
Verfahren der Vergütungsfestsetzung
Zuständig ist beim ordentlichen und beim Arbeitsgericht der Rechtspfleger, beim Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgericht der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle. Für alle Gerichtsbarkeiten gelten einheitlich die Vorschriften der ZPO. Die Ansätze der Berechnung sind glaubhaft zu machen (§ 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO), bezüglich der Postentgelte genügt zunächst bis zu einem Bestreiten die Versicherung deren Entstehens (§ 104 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Kosten entstehen nur für die Zustellung des Festsetzungsbeschlusses und sind, soweit sie vom Rechtsanwalt gezahlt wurden, in den Beschluss aufzunehmen. Für die außergerichtliche Geltendmachung seines Honorars erhält der Rechtsanwalt keine besondere Vergütung. [6])
Das vereinfachte Verfahren
§ 11 RVG eröffnet somit einen Weg, ohne Vorliegen einer Kostengrundentscheidung in einem vereinfachten und billigen Verfahren und im Interesse aller Beteiligten schnell einen vollstreckbaren Titel über den privatrechtlichen Vergütungsanspruch des in einem gerichtlichen Verfahren tätig gewordenen Rechtsanwalts herbeizuführen und hierdurch einen Rechtsstreit – samt seiner Kosten – zu vermeiden.
Rechtsschutzbedürfnis
Wenn und soweit solche vereinfachte Vergütungsfestsetzung möglich ist, fehlt der Geltendmachung des Vergütungsanspruchs des Anwalts mit Mahnbescheid oder mit Klage das Rechtsschutzbedürfnis. Eine dennoch erhobene Klage wäre als unzulässig abzuweisen. Mahnbescheid und Klage werden aber zulässig, sobald der Gegner, sei es auch schon vor Anbringung eines Festsetzungsantrags, sich mit außergebührenrechtlichen Einwendungen verteidigt oder wenn, aus welchem Grund auch immer, sei es auch unberechtigt, eine Vergütungsfestsetzung abgelehnt wird. Macht der Anwalt seinen Vergütungsanspruch im Mahnverfahren geltend, braucht er erst nach Widerspruch gegen den Mahnbescheid darzulegen, weshalb eine Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG nicht möglich ist.
Verjährungshemmung
Mit Eingang des Vergütungsfestsetzungsantrags beim zuständigen Gericht wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt (§ 11 Abs. 7 RVG). Die Hemmung tritt auch dann ein, wenn die Vergütungsfestsetzung abgelehnt werden muss, weil der Mandant nicht gebührenrechtliche Einwendungen erhebt. Die Hemmung endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens (§ 204 Abs. 2 Satz 1 BGB).
Die Einrede der Verjährung ist im Festsetzungsverfahren vom Rechtspfleger zu berücksichtigen, der auch zu prüfen hat, ob die Einrede etwa treuwidrig ist oder gegen § 242 BGB verstößt. [7])
Gesetzliche Vergütung
Im vereinfachten Verfahren des § 11 RVG kann die Vergütung des Anwalts in allen gerichtlichen Verfahren jeglicher Gerichtsbarkeit festgesetzt werden. Festsetzungsfähig ist aber nur die in einem gerichtlichen Verfahren (Anhängigkeit genügt) erwachsene gesetzliche Vergütung, auch im PKH-Verfahren. [8])
Gesetzliche Vergütung sind zunächst die gesetzlichen (= aus dem RVG sich ergebenden) Gebühren und Auslagen, die dem Anwalt gegen den Mandanten erwachsen sind. Hatte der Anwalt in derselben gebührenrechtlichen Angelegenheit und wegen desselben Gegenstands mehrere Auftraggeber vertreten und steht ihm deshalb eine nach Nr. 1008 VV RVG erhöhte Gebühr zu, so kann Festsetzung nur in der Höhe erfolgen, die der in Anspruch genommene Auftraggeber schulden würde, wenn der Anwalt nur in seinem Auftrag tätig geworden wäre (§ 7 Abs. 2 RVG); dabei bleiben Zahlung eines anderen Auftraggebers oder Festsetzung gegen diesen unberücksichtigt. Zur gesetzlichen Vergütung gehören auch die Auslagen, jedenfalls solche nach Nr. 7000 ff. VV RVG. [9])
Ist Prozessbevollmächtigter eine Sozietät, dann kann nur die Sozietät die Festsetzung betreiben, auch wenn es sich nur um eine Schein- oder Außensozietät handelt. [10])
Vorschüsse
Vom Auftraggeber auf die festzusetzende Vergütung geleistete Vorschüsse sind anzugeben und zu verrechnen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 RVG). Der Anwalt kann bestimmen, auf welche Vergütung im Einzelnen die Verrechnung erfolgen soll.
Nicht festsetzungsfähige Vergütung
Nicht festsetzungsfähig sind
- ein vereinbartes Honorar, gleichgültig in welcher Art und in welcher Höhe es geschuldet wird,
- die nur außergerichtlich entstandene Vergütung, auch eine vorgerichtlich entstandene Vergütung und die Verfahrensgebühren bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags, wohl aber die Vergütung, die dem gerichtlich tätigen Anwalt für außergerichtliche Tätigkeiten [11]) während des Rechtsstreits erwächst, z.B. die Einigungsgebühr für eine außergerichtliche Einigung zur vollen oder teilweisen Beilegung des gerichtlichen Verfahrens [12]) und die Hebegebühr,
- vom Anwalt der Höhe nach bestimmte Rahmengebühren (sowohl Satzrahmen- wie Betragrahmengebühren), auch wenn der Gebührensatz in einer Einigung festgelegt oder unstreitig ist; die früher streitige Rechtsfrage, ob der Ausschluss der Festsetzung auch für vom Anwalt bestimmte Mindestgebühren gilt, ist jetzt durch 11 Abs. 8 RVG geklärt; eine Festsetzung ist auch dann möglich, wenn der Mandant der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat und seine Zustimmungserklärung mit dem Festsetzungsantrag vorgelegt wird,
- die Adhäsionsgebühr (Nr. 4143, 4144 VV RVG), die neben der Gebühr eines Verteidigers geschuldet wird,
- die Beratungshilfevergütung.
Streitwert
Wird der vom Anwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren bis zur gerichtlichen Streitwertfestsetzung auszusetzen (§ 11 Abs. 4 RVG). Gegen die Aussetzung und deren Ablehnung findet sofortige Beschwerde statt (§ 252 ZPO). Wird der Wert bei noch laufendem Festsetzungsverfahren anderweitig festgesetzt, ist der Antrag entsprechend zu berichtigen. Wird der Wert nachträglich geändert, kann binnen Monatsfrist ab Zustellung oder Verkündung Änderung der Vergütungsfestsetzung beantragt werden (§ 107 ZPO). Durch den Festsetzungsantrag wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt (§ 11 Abs. 7 RVG). Der festgesetzte Betrag ist auf – auch nachträglich zulässigen – Antrag ab Antragstellung zu verzinsen (§ 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
PKH
Ein Vergütungsfestsetzungsantrag ist unzulässig, solange dem Auftraggeber Prozesskostenhilfe bewilligt ist (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO).
Fälligkeit
Der Festsetzungsantrag kann erst gestellt werden (§ 11 Abs. 2 Satz 1 RVG), wenn die festzusetzende Vergütung fällig geworden ist (§ 8 RVG), bei Teilfälligkeit nur bezüglich dieses Teils. Die Besorgnis, der Auftraggeber werde sich seiner Zahlungspflicht entziehen, rechtfertigt nicht Antragstellung vor Fälligkeit. Der Antrag kann bei noch laufendem Ausgangsverfahren gestellt werden. Nicht mehr zulässig ist der Antrag nach völliger Tilgung des Vergütungsanspruchs, auch nicht mit der Behauptung einer Überzahlung (ein Antrag auf Rückzahlung einer Vergütung ist im Verfahren nach § 11 RVG nicht zulässig, kann vielmehr nur im Klage- oder Mahnverfahren verfolgt werden).
Antrag
Festsetzung erfolgt nur auf Antrag. Über den Antrag darf nicht hinausgegangen werden (§ 308 Abs. 1 ZPO), festsetzungsfähig sind deshalb nur die geltend gemachten Ansätze.
Der Anwalt muss eine Kostenberechnung, je eine Abschrift zur Mitteilung an jeden Gegner und die zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze dienenden Belege beifügen (§ 102 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 3 RVG). Diese Kostenberechnung ist nicht gleich derjenigen in § 10 RVG. Der Anwalt muss deshalb im Festsetzungsantrag behaupten, dass er dem Auftraggeber eine dem § 10 RVG entsprechende Berechnung mitgeteilt hat, es sei denn, die dem Vergütungsfestsetzungsantrag beigefügte Berechnung genügt § 10 RVG. Das Fehlen einer Kostenberechnung macht den Festsetzungsantrag unzulässig, [13]) fehlende Abschriften sind von Amts wegen auf Kosten des Anwalts herzustellen, mangelnde Belege oder fehlende Berechnung nach § 10 RVG machen den Antrag insoweit unbegründet; alles kann vor Entscheidung aber nachgebracht werden.
Zinsen
Soll Verzinsung angeordnet werden, ist dies ausdrücklich zu beantragen. Getilgte Beträge sind abzusetzen. Eine Begründung für das Entstehen von Gebühren braucht nicht gegeben zu werden, soweit sie sich aus den Gerichtsakten ergibt, ist aber notwendig z.B. für eine außergerichtlich entstandene Einigungsgebühr und im Übrigen für alle Umstände, die sich nicht einwandfrei aus den Gerichtsakten des Ausgangsverfahrens ersehen lassen.
Glaubhaftmachung
Erforderlich und ausreichend für alle Ansätze ist die Glaubhaftmachung (§ 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 3 ZPO), eigene Versicherung an Eides statt genügt also (§ 294 ZPO). Für die Postauslagen nach Nr. 7001 VV RVG, sofern nicht die Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG geltend gemacht wird, genügt zunächst sogar die Versicherung des Anwalts, dass die geforderten Auslagen entstanden sind (§ 104 Abs. 2 Satz 2 ZPO); bestreitet der Gegner, dann ist wieder Glaubhaftmachung erforderlich. Bezüglich geltend gemachter Umsatzsteuer bedarf es nicht der in § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO vorgeschriebenen Erklärung (§ 11 Abs. 2 Satz 3 RVG).
Aktivlegitimiert
Den Festsetzungsantrag können stellen
- der Anwalt, dem die Vergütung zusteht (die Anwaltszulassung braucht bei Antragstellung nicht mehr zu bestehen); dieser Anwalt muss in einem gerichtlichen Verfahren beauftragt gewesen sein
- als Prozess- oder als Verfahrensbevollmächtigter,
- als Beistand,
- als Unterbevollmächtigter, Verhandlungsvertreter oder Beweisanwalt,
- als Verkehrsanwalt,
- als nach 625 ZPO beigeordneter Anwalt,
- Steuerberater für ihre durch Tätigkeit vor den Finanzgerichten erwachsene Vergütung ( 45 StBGebVO),
- der Rechtsbeistand, dem die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erteilt ist,
- der Auftraggeber,
- der Anwaltsvertreter ( 53 BRAO), der Kanzleiabwickler (§ 54 BRAO),
- die Erben oder Sonderrechtsnachfolger, z.B. infolge Abtretung oder Praxisübernahme, des vergütungsberechtigten Anwalts und des Auftraggebers; die Rechtsnachfolge braucht nicht nachgewiesen, sondern lediglich vorgetragen zu werden, Bestreiten des Gegners ist außergebührenrechtliche Einwendung; Einrede der beschränkten Erbenhaftung oder der Dürftigkeit des Nachlasses führt jedoch lediglich dazu, im Vergütungsfestsetzungsbeschluss dem Erben die beschränkte Haftung vorzubehalten ( 780 ZPO),
- alle Mitglieder einer Sozietät (wobei wegen der Rechtskraftwirkung und für die Zwangsvollstreckung alle Sozietätsmitglieder schon im Antrag einzeln namentlich aufgeführt werden müssen), der der Vergütungsanspruch zusteht; der Antrag kann auch von einem einzelnen Mitglied der Sozietät gestellt werden; Bestreiten der Antragsbefugnis des Sozietätsmitglieds ist außergebührenrechtliche Einwendung; Geltendmachung durch einen Sozietätsanwalt nur auf eigenen Namen bedarf der Begründung, auch hier führt Bestreiten zur Ablehnung der Festsetzung,
- der nur für das Verfahren auf Bewilligung oder Entziehung von Prozesskostenhilfe beauftragte Anwalt, [14])
- der in einem gerichtlichen Verfahren nur mit Einzeltätigkeiten beauftragte Anwalt.
Nicht antragsberechtigt sind
- der nur beratend tätig gewordene Anwalt,
- der nur im schiedsrichterlichen Verfahren tätig gewesene Anwalt,
- der Anwalt und der Auftraggeber, wenn sich der Vergütungsanspruch nicht aus dem RVG ergibt (sondern z.B. aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung),
- der Anwalt und der Auftraggeber, wenn der Anwalt als gesetzlicher Vertreter, Organ, Vormund, Pfleger des Auftraggebers oder als Partei kraft Amtes tätig geworden ist oder als Prozesspfleger ( 57 ZPO) oder Nachlasspfleger (keine Festsetzung gegen unbekannte Erben),
- der Anwalt als Insolvenzverwalter wegen seines Vergütungsanspruchs gegen die Masse ( 64 InsO),
- mehrere Anwälte gemeinsam wegen jeweils eigener Vergütung (z.B. um durch Addition die Beschwerdesumme zu erreichen),
- der ausländische Anwalt, auch wenn mit ihm eine Anwendung des RVG vereinbart wurde,
- der persönlich haftende Gesellschafter, wenn nur die OHG oder KG Auftraggeber war,
- nach bürgerlichem Recht Mithaftende (z.B. Bürgen, Vermögensübernehmer),
- der erstattungspflichtige Gegner.
Der Festsetzungsantrag kann umgekehrt gestellt werden gegen alle Antragsberechtigten und nicht gestellt werden gegen die nicht Antragsberechtigten (auch wenn sie für die Vergütung aus irgendwelchen Gründen mithaften). Er kann ferner nicht gestellt werden gegen einen Betriebs- oder Personalrat, für den der Anwalt tätig geworden ist.
Verfahren
Das Verfahren ist für alle Gerichte und alle Gerichtsbarkeiten einheitlich geregelt: Es gelten sinngemäß die Vorschriften der ZPO über das Kostenfestsetzungsverfahren.
Anträge, Erklärungen und Beschwerden können zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts eingereicht werden. Auch wenn im Ausgangsverfahren Anwaltszwang bestand und auch für die Anfechtung besteht im Vergütungsfestsetzungsverfahren kein Anwaltszwang.
Die Rechtskraft der Entscheidung im Ausgangsverfahren oder des dort ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses wirkt nicht im Vergütungsfestsetzungsverfahren; trotz unbeanstandeter Festsetzung des Erstattungsanspruchs kann der Vergütungsschuldner in der Vergütungsfestsetzung jegliche Einwendung gegen Grund und Höhe des Anwaltsvergütungsanspruchs erheben.
Über den Antrag darf nicht hinausgegangen werden (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Statt einer begehrten, aber nicht entstandenen Gebühr kann jedoch in gleicher Höhe eine nicht begehrte, aber entstandene Gebühr zugesprochen werden, was allerdings – auf Hinweis des Gerichts – einer berichtigten Kostenberechnung des Anwalts bedarf.
Wird während des Festsetzungsverfahrens ein höherer Wert festgesetzt, so ist dieser zwar der Festsetzung zugrunde zu legen, jedoch bedarf es für die Festsetzung einer entsprechend höheren Gebühr einer Antragserweiterung.
Verzicht
Beantragt der Rechtsanwalt gegen seinen Mandanten, nachdem er diesem höhere Rahmengebühren in Rechnung gestellt hat, die Festsetzung der Mindestgebühren, verzichtet er damit auf die weitere Gebührenforderung. [15])
Zuständigkeit
Zuständig ist der Rechtspfleger (im Zivil- und im Arbeitsgerichtsprozess) bzw. der Urkundsbeamte (im Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozess) des Gerichts des ersten Rechtszugs des Ausgangsverfahrens, der auch für die Kostenfestsetzung gegen den erstattungspflichtigen Gegner zuständig wäre. Diese Zuständigkeit besteht auch für antragstellende Instanzanwälte.
Für die Festsetzung im Mahnverfahren entstandener Vergütung ist nicht das Gericht des Mahnverfahrens, sondern das Gericht zuständig, das nach § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO das zuständige Prozessgericht des ersten Rechtszugs geworden wäre. In Familiensachen ist der Rechtspfleger des Familiengerichts zuständig; klagt aber der Anwalt die in einem familiengerichtlichen Verfahren entstandene Vergütung ein, ist für diese Klage nicht das Familiengericht zuständig, sondern die allgemeine Prozessabteilung.
Für die Festsetzung sämtlicher Anwaltsvergütungen aus Vollstreckungstätigkeiten ist ausschließlich das Vollstreckungsgericht zuständig, in dessen Bezirk die letzte Vollstreckungshandlung vorgenommen wurde. [16])
Rechtliches Gehör
Den Beteiligten ist rechtliches Gehör auch dann zu gewähren (§ 11 Abs. 2 Satz 2 RVG), wenn nach Aktenlage die geltend gemachte Vergütung unbestreitbar erwachsen ist. Die Übersendung des Festsetzungsantrags des Anwalts durch das Gericht an den Mandanten ersetzt die in § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG genannte Mitteilung der Berechnung, soweit der Festsetzungsantrag den Erfordernissen des § 10 Abs. 2 RVG genügt.
Rechtsmissbrauch
Kostenfestsetzungsanträge sind rechtsmissbräuchlich und daher abzuweisen, wenn mehrere Ansprüche aus einem einheitlichen Lebensvorgang ohne sachlichen Grund in mehreren Prozessen geltend gemacht wurden. [17])
Ablehnung
Die Vergütungsfestsetzung ist abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben (§ 11 Abs. 5 Satz 1 RVG).
Gebührenrechtliche Einwendungen
Das heißt: Einwendungen, die im Gebührenrecht ihren Grund haben, sind im Vergütungsfestsetzungsverfahren zu klären, z.B. wenn geltend gemacht wird,
- dass ein Vergütungsansatz nach den einschlägigen Kostenvorschriften nicht, noch nicht oder nicht in der beantragten Höhe gefordert werden könne,
- oder auf eine andere ebenfalls geltend gemachte Vergütungsposition anzurechnen sei,
- oder dass eine Gebühr aus unzutreffendem Wert berechnet sei,
- oder dass der behauptete Gebührentatbestand aus objektiven oder subjektiven Gründen nicht erfüllt sei,
- oder dass die Vergütung noch nicht fällig sei,
- oder dass eine Prozesskostenhilfebewilligung entgegenstehe.
Das heißt weiter: Von der nicht gebührenrechtlichen Einwendung nicht erfasste Vergütungspositionen oder Vergütungsteile können im Vergütungsfestsetzungsverfahren weiterverfolgt werden.
Nichtgebührenrechtliche Einwendungen
Zu den Einwendungen, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben, gehören:
- Nichtigkeit des Anwaltsvertrags, z.B. wegen Verstoßes gegen 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO oder gegen § 3 Abs. 1 BORA, [18])
- Leugnen oder Überschreitung des Auftrags, für den die Vergütung begehrt wird,
- Leugnen der Aktivlegitimation, z.B. des Sozius oder des Miterben, oder der Passivlegitimation,
- vorzeitige Beendigung des Auftrags,
- Bestreiten von nicht unter Nr. 7000 ff. VV RVG fallenden Auslagen,
- Erfüllung,
- Aufrechnung,
- Versäumung der Beschaffung einer Rechtsschutzdeckungszusage, [19])
- unterbliebene Belehrung nach 12a Abs. 1 Satz 2 ArbGG oder nach § 49b Abs. 5 BRAO oder nach § 16 BORA, [20])
- Beanstandung der Anrechnung von Vorschüssen, sonstigen Zahlungen und Guthaben,
- Stundung, insbesondere durch Ratenbewilligung,
- Erlass,
- Schlechterfüllung des Anwaltsvertrags, [21])
- Vereinbarung einer anderweitigen Vergütung,
- grundlose Kündigung durch den Anwalt oder solche zur Unzeit oder mangelhafte Beratung über die Kostenfolgen [22]) oder unterlassenes Beschreiten eines kostengünstigeren Wegs mit der Folge eines Schadensersatzanspruchs, mit dem aufgerechnet wird,
- Vereinbarung einer Gebührenteilung mit Zustimmung des Auftraggebers, [23])
- Verjährung und Verwirkung.
Schon das Vorbringen solcher außergebührenrechtlicher Einwendungen führt zur Ablehnung der Vergütungsfestsetzung, eine Prüfung der Begründetheit findet nicht statt.
Substantiiertes Vorbringen oder gar Beweis des Einwendenden ist nicht erforderlich; genügend ist ein konkretisierbarer Vortrag, der dem Rechtspfleger/Urkundsbeamten die Prüfung erlaubt, ob es sich um eine außergebührenrechtliche Einwendung handelt.
Wird der Antrag des Anwalts auf Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG abgelehnt, hat der nicht gebührenrechtliche Einwendungen erhebende Auftraggeber dieses Anwalts keinen Anspruch auf Kostenerstattung. [24]) Erhebt der Mandant nicht gebührenrechtliche Einwendungen erst im zweiten Rechtszug, sind ihm die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. [25])
Hat der Auftraggeber bereits dem Anwalt gegenüber derartige Einwendungen oder Einreden erhoben, ist der sonst bestehende Mangel des für die Klage oder einen Mahnbescheidsantrag vorausgesetzten Rechtsschutzbedürfnisses beseitigt. Die Ablehnung der Vergütungsfestsetzung erfolgt nicht, wenn die Einwendung den Vergütungsanspruch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berührt (z.B. der Einwand bestehender Rechtsschutzversicherung oder der Einwand lediglich anwaltsinterner Gebührenteilungsvereinbarung) oder wenn sie offensichtlich aus der Luft gegriffen, gänzlich haltlos oder unverständlich ist [26]) oder – bei Bestreiten der Höhe einer Rahmengebühr – wenn der Anwalt nur die Mindestvergütung begehrt.
Die Vergütungsfestsetzung ist ferner nicht abzulehnen, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen einer materiell-rechtlichen Einwendung feststehen oder in entsprechender Anwendung des § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gelten. [27])
Wird dem Festsetzungsantrag entsprochen, bedarf der Beschluss keiner Begründung. Begründung ist aber erforderlich, wenn dem Antrag ganz oder teilweise nicht stattgegeben wird. Der Vergütungsfestsetzungsbeschluss kann nicht gem. § 105 ZPO auf das Urteil des Ausgangsverfahrens gesetzt werden. Er ist dem Gegner zuzustellen. Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde (bei Entscheidung durch den Urkundsbeamten: die Erinnerung – § 11 Abs. 3 RVG) gegeben ohne Anwaltszwang.
War das Ausgangsverfahren eine Familien- oder Kindschaftssache, ist Beschwerdegericht das OLG. Auch in der Rechtsmittelinstanz können neue Tatsachen und Beweise vorgetragen werden (§ 571 Abs. 2 ZPO), mithin auch nachliquidiert und nicht gebührenrechtliche Einwendungen erhoben werden; in letzterem Fall hat das Beschwerdegericht die Vergütungsfestsetzung abzulehnen und eine bereits ergangene Festsetzung aufzuheben.
Gerichtsgebührenfreiheit
Das Vergütungsfestsetzungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 11 Abs. 2 Satz 4 RVG). Der Anwalt erhält im Verfahren keine Gebühr, auch nicht im Beschwerdeverfahren (§ 11 Abs. 2 Satz 6 RVG).
Vollstreckung
Der Vergütungsfestsetzungsbeschluss ist nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 798 ZPO vollstreckbar; Ablauf der Rechtsmittelfrist oder Erledigung der Beschwerde sind nicht erforderlich. Vollstreckungsgericht ist das nach § 764 ZPO zuständige Amtsgericht, auch bei Festsetzungsbeschlüssen anderer Gerichtsbarkeiten. [28])
Rechtskraft
Nach Ablauf von Beschwerdefrist, Rechtsmittelverzicht oder Erschöpfung des Rechtsmittelzugs erwachsen der Vergütungsfestsetzungsbeschluss und alle anderen Entscheidungen im Vergütungsfestsetzungsverfahren in materielle Rechtskraft. Nach eingetretener Rechtskraft können Einwendungen gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss nur noch durch Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO geltend gemacht werden; vor Eintritt der Rechtskraft entstandene Einwendungen sind nicht mehr zulässig. Wird nachträglich der zugrunde gelegte Streitwert geändert, kann innerhalb eines Monats ab Zustellung oder Verkündung (nicht erst nach Rechtskraft) des Wertfestsetzungsbeschlusses Änderung der Festsetzung bez. der Gebühren und Auslagen beantragt werden, die von der Streitwertänderung betroffen sind (§ 107 ZPO).
Nicht gebührenrechtliche Einwendungen sind in diesem Verfahren nicht mehr zulässig. Rechtskräftige Ablehnung der Festsetzung nach § 11 Abs. 5 RVG hindert nicht Wiederholung des Festsetzungsantrags, wenn die nicht gebührenrechtliche Einwendung nicht mehr besteht oder rechtskräftig für nicht bestehend erklärt wurde. Die Rechtskraft ergreift nur geltend gemachte Posten, andere Posten, auch Zinsen, können neu zur Festsetzung beantragt werden.
[1]) Hansens, RVGreport 2012, 47.
[2]) OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.06.2008 – I-24 U 204/07, AnwBl 2008, 718 f.
[3]) Ausnahmen siehe Teil 1/3 S. 7 und Bischof u.a., RVG, 4. Auf. 2011, § 10 RVG Rdnr. 25.
[4]) Die Festsetzung nach § 11 RVG wird Vergütungsfestsetzung genannt zur Unterscheidung von der Kostenfestsetzung gegen den erstattungspflichtigen Gegner (siehe hierzu Teil 1/5.2.4).
[5]) Wegen der Geltendmachung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten vgl. Ruess, MDR 2005, 313.
[6]) Meyer, JurBüro 2008, 408.
[7]) BGH, Beschl. v. 05.11.2014 – XII ZB 186/13, JurBüro 2015, 142 = NJW-RR 2015, 193.
[8]) OLG Koblenz, Beschl. v. 30.08.2002 – 14 W 506/02, MDR 2002, 1457 = JurBüro 2002, 588.
[9]) Wegen weitergehender Auslagenfestsetzung, z.B. verauslagter Gerichtskosten: BGH, Beschl. v. 16.07.2003 – XII ZB 193/02, MDR 2003, 1201 = JurBüro 2003, 540 = Rpfleger 2003, 620.
[10]) OLG Brandenburg, Beschl. v. 06.01.2009 – 6 W 186/08, JurBüro 2009, 644.
[11]) Ist dem Arbeitsgerichtsprozess ein Schlichtungsverfahren vor einem Ausschuss für Berufsausbildungsstreitigkeiten nach § 111 Abs. 2 ArbGG (siehe Teil 2/4.3) vorangegangen, so kann die im Schlichtungsverfahren entstandene Anwaltsvergütung im Verfahren nach § 11 RVG festgesetzt werden.
[12]) Auch wenn in der außergerichtlichen Einigung nicht rechtshängige Ansprüche miterledigt wurden, in welchem Fall auch die Verfahrensgebühr der Nr. 3101 Ziff. 2 VV RVG neben der Einigungsgebühr festsetzungsfähig ist.
[13]) Hansens, RVGreport 2012, 47.
[14]) OLG Koblenz, Beschl. v. 30.08.2002 – 14 W 506/02, MDR 2002, 1457.
[15]) BGH, Urt. v. 04.07.2013 – IX 306/12, MDR 2013, 1134 = JurBüro 2013, 584.
[16]) OLG Köln, Beschl. v. 19.01.2000 – 17 W 421/99, MDR 2000, 1276; OLG Koblenz, Beschl. v. 22.05.2001 – 14 W 343/01, JurBüro 2002, 199; BayObLG, Beschl. v. 05.02.2003 – I ZAR 8/03, AGS 2003, 270.
[17]) BGH, Beschl. v. 11.09.2012 – VI ZB 59/11, MDR 2012, 1314 = JurBüro 2013, 31 = AnwBl 2012, 1007 = VersR 2013, 207 = Rpfleger 2013, 49.
[18]) OLG Hamm, Beschl. v. 15.01.1999 – 23 W 534/98, JurBüro 2000, 655 = AnwBl 2000, 320.
[19]) OLG Koblenz, Beschl. v. 24.01.2001 – 14 W 46/01, AGS 2002, 20 = FamRZ 2002, 1206 (Ls) = VersR 2002, 778.
[20]) OLG Koblenz, Beschl. v. 22.12.2005 – 14 W 816/05, MDR 2006, 595 = JurBüro 2006, 199 = FamRZ 2006, 636 (Ls) = Rpfleger 2006, 327.
[21]) LAG Düsseldorf, Beschl. v. 22.12.2003 – 16 Ta 565/03, MDR 2004, 418 = NZA-RR 2004, 433.
[22]) OLG Koblenz, Beschl. v. 22.12.2005 – 14 W 816/05, MDR 2006, 595 = JurBüro 2006, 199 = FamRZ 2006, 636 (Ls) = Rpfleger 2006, 327.
[23]) OLG Hamm, Beschl. v. 11.08.2001 – 23 W 262/01, AGS 2002, 131 = BRAGOreport 2002, 89.
[24]) OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.11.1999 – 12 W 262/99, MDR 2000, 544.
[25]) OLG Zweibrücken, Beschl. v. 10.02.2003 – 4 W 12/03, AGS 2003, 536.
[26]) OLG Koblenz, Beschl. v. 09.08.2004 – 14 W 511/04, JurBüro 2004, 592; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.08.2007 – 24 W 73/07, BRAK-Mitt. 2007, 274; OLG Naumburg, Beschl. v. 07.04.2008 – 8 WF 59/08, MDR 2008, 1367. Widersprüchliches Vorbringen schließt aber die Annahme einer wirksamen Einwendung nicht aus: VGH München, Beschl. v. 30.01.2008 – 10 C 7/2693, NJW 2008, 2203.
[27]) OLG Hamburg, Beschl. v. 22.11.2002 – 8 W 203/02, MDR 2003, 294.
[28]) OVG Münster, Beschl. v. 29.08.2000 – 7a D 38/98, NJW 2001, 3141 = Rpfleger 2001, 251.
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Herzlichen Dank!
„Wenn aber die Abrechnung fehlerhaft und deshalb unwirksam ist, muss der Anwalt sie berichtigen und der Mandant braucht bis dahin nicht zu zahlen. Er hat einen Anspruch auf Erteilung einer zutreffenden Rechnung. “ Das hat der BGH neulich genau anders herum entschieden
IX ZR 115/17