Besonders häufig wird im Rahmen von Verwaltungsverfahren darüber gestritten, wann die Erledigungsgebühr im verwaltungsrechtlichen Hauptsacheverfahren entsteht.
Die Erledigungsgebühr im Verwaltungsrecht: Ursächliche anwaltliche Mitwirkung als Voraussetzung
Für das Entstehen der Erledigungsgebühr ist eine ursächliche anwaltliche Mitwirkung Voraussetzung; der Umfang der Tätigkeit des Rechtsanwalts muss über die Tätigkeiten hinausgehen, die bereits durch die Tätigkeitsgebühren abgegolten sind.[1])
Dabei kann die anwaltliche Mitwirkung auch schon vor der Erhebung des Rechtsbehelfs stattfinden.[2]) Allein die Stellung eines Antrags oder dessen Begründung ist keine ursächliche anwaltliche Mitwirkung, die die Erledigungsgebühr anfallen lässt.[3])
Im Rahmen eines Gerichtsverfahrens gehört es zu den vom allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im gerichtlichen Verfahren ohne Weiteres erfassten Aufgaben eines Rechtsanwalts, den Standpunkt seiner Partei bestmöglich vorzutragen und seinen Mandanten zu einem verfahrensmäßig angemessenen Vorgehen zu raten.[4])
Daher führt auch der Vortrag des Rechtsanwalts von sämtlichen für seinen Mandanten sprechenden rechtlichen Argumenten in möglichst überzeugender Weise auch dann nicht zum Anfall eine Erledigungsgebühr, wenn dies die Behörde zu einer Abhilfe veranlasst.[5])
Auch der vom Rechtsanwalt erlangte Verzicht des Mandanten auf die Umstellung einer Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage und die gleichzeitige Erledigungserklärung lösen noch keine Erledigungsgebühr aus.[6])
Anwaltlicher Vorschlag zur nichtstreitigen Erledigung des Rechtsstreits
Eine über das Betreiben des Verfahrens hinausgehende, auf eine gütliche Streitbeilegung abzielende Tätigkeit des Rechtsanwalts kann darin bestehen, dass er selbst einen Vorschlag zur nichtstreitigen Erledigung des Rechtsstreits in das Verfahren einbringt oder auf einen entsprechenden Vorschlag des Gerichts seine Mandantschaft zur Abgabe einer Erledigungserklärung bewegt.[7])
Die die Erledigungsgebühr auslösende Mitwirkung kann auch darin liegen, dass der Rechtsanwalt den von ihm vertretenen Kläger dahin beraten hat, ein nur teilweise materiell-rechtlich erledigtes Verfahren in Übereinstimmung mit der Beklagtenseite insgesamt für erledigt zu erklären.[8]) Allein die Mitwirkung des Rechtsanwalts bei der Klärung der Frage, wie der in der Sache bereits erledigte Rechtsstreit formal beendet werden soll, führt hingegen nicht zum Anfall einer Erledigungsgebühr.[9])
Auch das bloße Einlenken einer Behörde aufgrund schriftlicher oder mündlicher Ausführungen des Anwalts im gerichtlichen Verfahren ist nicht für das Entstehen der Erledigungsgebühr ausreichend.[10]) Aus dem Begriff „Mitwirkung“ ergibt sich auch, dass der Rechtsanwalt die Erledigung nicht überwiegend oder allein herbeiführen muss.
Entscheidend ist, dass er hieran mitwirkt, also einen nicht ganz unerheblichen oder untauglichen Beitrag hierzu leistet.[11]) Die Stellung eines Ruhensantrags im Hinblick auf ein Musterklageverfahren und die Erledigung des Verfahrens aufgrund des Musterklageverfahrens sind nicht ausreichend.[12]) Dies gilt auch für die Stellung eines detaillierten Beweisantrags.[13])
[1]) Nicht ausreichend ist bspw. in einem BAföG-Rückzahlungsfall die Beratung zur Vornahme einer Selbstanzeige: OVG Lüneburg, Beschl. v. 06.12.2010 – 4 OA 135/10, JurBüro 2011, 132 f.
[2]) OVG Münster, Beschl. v. 19.03.2009 – 15 E 206/09, zit. nach juris.
[3]) VGH Kassel, Beschl. v. 03.04.2007 – 5 TJ 563/07, DÖV 2007, 620 (LS).
[4]) OVG Münster, Beschl. v. 09.09.2009 – 18 E 111/97, zit. nach juris.
[5]) OVG Münster, Beschl. v. 04.09.2013 – 1 E 876/13, NVwZ-RR 2013, 1021.
[6]) OVG Münster, Beschl. v. 31.01.2013 – 6 E 1129/12, zit. nach juris, Rdnr. 7; OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.07.2013 – 5 OA 137/13, NVwZ-RR 2013, 984 (LS).
[7]) OVG Koblenz, Beschl. v. 18.04.2007 – 8 E 10310/07, NVwZ-RR 2007, 564, 565; vgl. auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 25.10.2006 – 8 OA 119/06, NVwZ-RR 2007, 215 sowie VGH Mannheim, Beschl. v. 05.02.2008 – 11 S 213/08, NVwZ-RR 2008, 654: Einholung eines Verlaufsberichts.
[8]) OVG Münster, Beschl. v. 06.01.2012 – 6 E 1033/11, ASR 2012, 74 f.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.07.2013 – 5 OA 137/13, DÖD 2013, 242 ff.
[9]) OVG Münster, Beschl. v. 23.10.2008 – 19 E 504/07, NJW 2009, 933; keine Erledigungsgebühr bei Rat zu einem verfahrensmäßig angemessenen Vorgehen, vgl. z.B. OVG Greifswald, Beschl. v. 05.05.2010 – 1 O 27/10, zit. nach juris; siehe auch OVG Saarlouis, Beschl. v. 15.10.2013 – 1 E 383/13, NVwZ-RR 2014, 205 f.
[10]) VGH München, Beschl. v. 27.07.2007 – 24 C 07.1241, zit. nach juris.
[11]) VGH München, Beschl. v. 19.01.2007 – 24 C 06.2426, NVwZ-RR 2007, 497, 499; vgl. auch VG Lüneburg, Beschl. v. 13.07.2007 – 1 A 282/05, Rdnr. 12 ff., zit. nach juris.
[12]) OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.06.2007 – 2 OA 433/07, NVwZ-RR 2007, 816, 817; vgl. auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 07.01.2008 – 10 OA 250/07, NVwZ-RR 2008, 500; VGH München, Beschl. v. 09.07.2009 – 10 C 09.1200, zit. nach juris.
[13]) VG Frankfurt/M, Beschl. v. 30.05.2007, NVwZ-RR 2007, 829 f.